Mit den Kommunalwahlen von 1946 begann die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie im Nachkriegsdeutschland, von der Stimmabgabe ausgeschlossen waren allerdings erst kürzlich eingetroffene Flüchtlinge und Vertriebene sowie von den Spruchkammern als Hauptschuldige verurteilte Ex-Nazis. In Frankfurt gewann die SPD vor der CDU, Liberale und Kommunisten scheiterten an der 15-Prozent-Klausel. Die folgenden beiden Wahlen (1948, 1952) bestätigten die Führungsrolle der SPD.
Die Kommunalwahlen in Hessen im Jahr 1946 waren die ersten politischen Abstimmungen nach dem Krieg. Sie dienten der Einübung der von der amerikanischen Besatzungsmacht in gemeinsamer Arbeit mit den deutschen vorläufigen Gremien eingeführten Spielregeln der parlamentarischen Demokratie.
In Hessen traten die zuvor von den Amerikanern lizenzierten Parteien zu den Kommunalwahlen an: SPD, CDU, die Liberaldemokraten und die KPD. Auch in Frankfurt waren diese Parteien zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung, dem städtischen Parlament, angetreten. Die Grundlage für die Kommunalwahlen im ganzen Land bildete das Gemeindewahlgesetz, das zuvor von der Regierung Karl Geiler im Auftrag der amerikanischen Besatzungsmacht ausgearbeitet worden war. Die Kommunalwahlen 1946 sollten nach dem Willen der Besatzungsbehörden in verschiedenen Phasen ablaufen: Im Januar des Jahres 1946 waren Gemeindewahlen, im März Kreistagswahlen und im Mai Stadtkreiswahlen angesetzt worden. Die Wahl zur Frankfurter Stadtverordnetenversammlung fiel, da Frankfurt eine kreisfreie Stadt war, in die letzte Phase und fand am 26. Mai 1946 statt.
Für die Stadtverordnetenwahl in Frankfurt wie für die hessenweiten Kommunal-, Kreistags- und Gemeindewahlen galten anders als in den Jahren danach noch teilweise Einschränkungen hinsichtlich des Wahlrechts: So waren Flüchtlinge und Vertriebene lediglich dann wahlberechtigt, wenn sie seit mindestens sechs Monaten in Hessen lebten. Von den Wahlen ausgeschlossen waren in Spruchkammerverfahren Verurteilte der Gruppe I („Hauptschuldige“). Damit schieden bei dieser ersten wichtigen Abstimmung der Nachkriegszeit in Hessen bis zu 20 Prozent der ursprünglich wahlberechtigten Personen aus. Darüberhinaus galt eine 15-Prozent-Klausel, welche erwartungsgemäß die Anzahl der Parteien in den Kommunalvertretungen auf ein überschaubares Maß reduzieren würde. Die beiden letztgenannten Maßnahmen gingen direkt auf die amerikanischen Besatzungsbehörden zurück.
In Frankfurt warben die Sozialdemokraten im Vorfeld der Stadtverordnetenwahl mit ihrem Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell des demokratischen Sozialismus (maßvolle Planung und Lenkung der Wirtschaft) um die Stimmen vor allem der Arbeiterschaft und sonstiger Bezieher kleiner Einkommen. Die CDU, die im Gegensatz zur SPD eine politische Neugründung darstellte, richtete den Fokus auf ihre Überkonfessionalität. Programmatisch trat sie für den von Frankfurter Vertretern der Parteigründung mit initiierten christlichen Sozialismus ein. Maßgeblich für die politische Ausrichtung der ersten Nachkriegsjahre wurden hier die „Frankfurter Leitsätze“, an denen prominente Zeitgenossen wie Walter Dirks und Eugen Kogon mitgewirkt haben. CDU wie SPD ging es über die Grundsatzprogrammatik hinaus darum, den Wiederaufbau der im Weltkrieg teilweise erheblich zerstörten Stadt Frankfurt voranzutreiben und die Unterstützung aller Bürger für dieses schwierige und kräftezehrende Vorhaben zu gewinnen. Gegen die beiden großen Parteien SPD und CDU verstanden sich die Liberaldemokraten von der LDP (der späteren FDP) als bürgerlich-antisozialistisches Korrektiv.
Den Wahlausgang entschieden die Sozialdemokraten mit 41 Prozent (77.940 Stimmen) in Frankfurt für sich, gefolgt von der CDU mit 35,1 Prozent (66.576 Stimmen). Die Liberaldemokraten scheiterten an der 15-Prozent-Klausel; sie gewannen 11,8 Prozent oder 22.355 der Stimmen. Ebenso den Einzug in das Stadtparlament verfehlten die Kommunisten, die mit 22.299 der abgegebenen und gültigen Stimmen 11,6 Prozent erreichten. Die Wahlbeteiligung betrug ca. 70 Prozent.
Die sich hier für die nächsten Jahre bereits abzeichnende Mehrheit für die SPD bestätigte sich auch bei den Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung 1948. Zwischenzeitlich war das Gemeindewahlgesetz dahingehend geändert worden, dass nunmehr alle vier Jahre Wahlen auf kommunaler Ebene durchzuführen seien. Ausserdem wurde die 15-Prozent-Klausel aufgehoben, was die Chancen kleinerer Parteien auf einen Einzug in den Römer deutlich verbessern sollte. Ebensowenig wie schon 1946 erlaubten die Besatzungsbehörden die Zulassung bzw. „Aufstellung besonderer Flüchtlingslisten oder getarnter Flüchtlingslisten“. Auf diese Weise sollte wohl eine radikale Artikulation von Flüchtlingsinteressen verhindert werden. Bundesweit gegründet und zugelassen wurde der Gesamtdeutsche Block / Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE) erst 1950.
Im Vorfeld der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung 1948 wiesen die Sozialdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten, dem beliebten Oberbürgermeister Walter Kolb, auf die erreichten Verbesserungen im Zuge des Wiederaufbaus hin und stellten auf die positive ökonomische und soziale Entwicklung und Erholung Frankfurts ab. Insbesondere wurde auf die Anzahl der wiedererrichteten Wohnungen, der geschaffenen Arbeitsplätze und auf die gestiegene Wirtschaftsleistung Frankfurts hingewiesen.
Weitere Kandidaten für die Stadtverordnetenversammlung waren Ludwig Gehm (1905-2002), Betty Arndt (1899-1984) und Hans Kampffmeyer (1912-1996). Auch die Christdemokraten versuchten den Erfolg des Wiederaufbaus mit ihrem Namen zu verbinden, was jedoch bei den Wählern nicht recht fruchtete und für die CDU keine nennenswerte Änderung ihres Stimmenanteils brachte. Spitzenkandidat der Christdemokraten war Wilhelm Fay (1911-1980).
Der Ausgang dieser Kommunalwahl brachte Stimmenverluste für die SPD, die mit 36,8 Prozent (85.028 Stimmen) etwa 3 Prozent verlor. Die CDU erreichte mit 26,1 Prozent und 60.325 gültigen Stimmen den zweiten Platz. Auch sie musste mit 9 Prozent erhebliche Verluste hinnehmen. Zugewinne hingegen konnten einzig die Liberaldemokraten (LDP) verbuchen, die ihren Stimmenanteil auf 23,6 Prozent und 54.660 gültige Stimmen mehr als verdoppelten. Erneut auf dem vierten Platz rangierten die Kommunisten, deren Ergebnis mit 11,4 Prozent (26.293 Stimmen) nahezu unverändert blieb. Die Wahlbeteiligung hatte sich zur vorangegangenen Kommunalwahl nur geringfügig auf 71 Prozent erhöht.
Nach diesen Einbrüchen für SPD und CDU konsolidierten die Kommunalwahlen 1952 in Frankfurt eine für weitere Jahrzehnte gültige Dominanz der Sozialdemokratie in der Stadt. Sicherlich trug auch die große Popularität des Oberbürgermeisters Kolb zu dieser Entwicklung bei. Mit 45,5 Prozent für die SPD (111.881 Stimmen) und 20,8 Prozent für die CDU (51.097 Stimmen) war das Ergebnis eindeutig. Neben der KPD, die sich mit 4,5 Prozent (11.061 Stimmen) nahezu auf ein Drittel ihres Ergebnisses von 1948 reduzierte, büßten auch die Liberalen mit 14,4 Prozent (35.436 Stimmen) erheblich an Wählerzuspruch ein. Die Wahlbeteiligung betrug nur 57 Prozent.
Neu war die Teilnahme zweier erst wenige Jahre zuvor gegründeter Parteien, der Deutschen Partei (DP) und des Gesamtdeutschen Blocks / Block für Heimatvertriebene und Entrechtete (GB/BHE). Die Deutsche Partei vertrat als ursprünglich in Norddeutschland regional angesiedelte politische Organisation die Interessen mittelständisch-bäuerlicher und protestantischer Wähler. In Hessen lagen ihre Verbreitungsgebiete ebenfalls im nördlichen und protestantisch geprägten Landesteil. Das positive Abschneiden bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung 1952 mit 8,9 Prozent (21.960 Stimmen) war aber nur ein kurzfristiger Achtungserfolg dieser rechtskonservativen Partei. Eine dauerhafte Etablierung ist ihr in Frankfurt nicht gelungen. Der Einzug des GB/BHE mit 5,1 Prozent (12.493 Stimmen) als Interessenvertretung der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen war ebenso ein einmaliger Erfolg. Bereits bei den folgenden Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung 1956 scheiterten sowohl DP als auch GB/BHE an der Fünfprozentklausel.
Literatur und Quellen::
Frolinde Balser, Geschichte der Stadt Frankfurt am Main 1945-1989, Sigmaringen 1995.
Wolf-Arno Kropat, Hessen in der Stunde Null 1945/47, Wiesbaden 1979.
Walter Mühlhausen, Hessen 1945-1950. Zur politischen Geschichte eines Landes in der Besatzungszeit, Frankfurt/Main 1985.
Nils Diederich /Neidhard Fuchs/Irene Kullack / Horst W. Schmollinger (Bearb.), Wahlstatistik in Deutschland. Bibliographie der deutschen Wahlstatistik 1848-1975, München 1976 (Berichte und Materialien des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung ZI 6 der Freien Universität Berlin).
Institut für Stadtgeschichte, Frankfurt am Main, Bestand: Magistratsakten, Sign.: 5.732.
Mit den Kommunalwahlen von 1946 begann die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie im Nachkriegsdeutschland, von der Stimmabgabe ausgeschlossen waren allerdings erst kürzlich eingetroffene Flüchtlinge und Vertriebene sowie von den Spruchkammern als Hauptschuldige verurteilte Ex-Nazis. In Frankfurt gewann die SPD vor der CDU, Liberale und Kommunisten scheiterten an der 15 Prozent-Klausel. Die folgenden beiden Wahlen (1948, 1952) bestätigten die Führungsrolle der SPD.