Die Auschwitz-Überlebende Magda Szabo, die 1944 mit ihrer gesamten Familie aus Ungarn nach Auschwitz deportiert wurde, berichtet dem Gericht über die Trennung von ihrer Familie auf der Rampe von Auschwitz.
Die Lehrerin Magda Szabo war bei ihrer Aussage im Auschwitz-Prozess 59 Jahre alt und lebte in Rumänien. Im Frühsommer 1944 wurde sie, weil sie jüdisch war, mit ihrer gesamten Familie aus Ungarn nach Auschwitz verschleppt. Ihre Häftlingsnummer in Auschwitz war A-11.937.
Magda Szabo kam mit ihren Eltern, ihrem Bruder und dessen Familie sowie weiteren Familienangehörigen in Auschwitz an. Das Eintreffen auf der Rampe erlebten die Neuangekommenen als einen weiteren Schock. Nach tagelanger Fahrt in überfüllten Waggons, zusammengepfercht ohne Essen und ohne Wasser, öffneten sich nun plötzlich die Türen. Die meisten der Ankommenden wussten nicht, wo sie sich befanden und was sie erwartete. Sie rechneten mit der Ankunft in einem Arbeitslager und in diesem Verständnis fassten sie auch die sofortige hektische Trennung von Männern und Frauen auf, die für die Selektion in „Arbeitsfähige“ und „Arbeitsunfähige“ vorgenommen wurde.
Ihre Hoffnung war, dass sowohl Mütter mit kleinen Kindern als auch alte und kranke Menschen in einem gesonderten Lager untergebracht würden, doch sie wurden zur Vernichtung in den Gaskammern bestimmt. Junge Mütter wurden, obwohl sie „arbeitsfähig“ waren, prinzipiell mit ihren Kindern „ins Gas“ selektiert, da die SS wusste, dass eine Trennung von Kindern und Müttern unmöglich sein würde. Aus Überlebenden-Berichten ist bekannt, dass die Häftlinge des „Kanadakommandos“, die ebenfalls auf der Rampe waren und die Selektionskriterien kannten, obwohl es ihnen strengstens untersagt war, immer wieder versuchten, die ankommenden Mütter zu warnen, damit sie ihre Kinder den alten Frauen gaben. Nur so hätten sie ihr eigenes Leben retten können. In ihrer Aussage sprach Magda Szabo auch davon, wie sie im Glauben an bessere Lebensbedingungen für ihre Schwägerin und ihre Mutter, beide verlor.
Tondokument: Aussage der Zeugin Magda Szabo im Auschwitz-Prozess; © Fritz Bauer Institut
„Vorsitzender Richter: Als Sie nun angekommen sind in Auschwitz, wissen Sie, wer da ihre Waggons geöffnet hat und wer sie aufgefordert hat auszusteigen?
Das waren Häftlinge, welche dort geholfen hatten. Und die hatten gesagt, wir sollen unser Gepäck dort lassen. Wir sollen aussteigen. Und man hat uns gleich in Fünferreihen ange …
Vorsitzender Richter: Antreten lassen.
Frauen separat, ja, antreten lassen. Und ich war mit meiner Schwägerin zusammen, ein kleines Kind von zwei Jahren hat sie gehabt. Ich habe es zu mir genommen, weil sie noch jünger und schwächer war. Und als wir dort in der Reihe waren, ist ein Häftling zu mir gekommen und hat mich gefragt, ob das Kind mir gehört. Habe ich gesagt, nein. Hat er gesagt, geben sie es Ihrer Mutter. Und ich habe verstanden, ich soll das Kind seiner Mutter geben. Vielleicht wird sie auf eine leichtere Arbeit gehen. Und ich habe es ihr gegeben. Wahrscheinlich hat dieser gedacht, ich soll es der älteren …
Vorsitzender Richter: Frau geben.
Geben, ja. Und ich habe noch gesagt meiner Mutter: ,Mutter, sage, daß du alt bist. Vielleicht wirst du dort bleiben, wenn du älter bist, daß du für die Kinder sorgen sollst, wenn die Schwägerin zur Arbeit geht.‘
Vorsitzender Richter: Ja.
Und weil dieser Offizier, der SS-Offizier, der dort war, so schön gesprochen hat und sogar auch ungarisch gesprochen hat, habe ich gesagt: ,Oh, Mama, wie gut wäre es, wenn du sollst dort mit den Kindern sein. Sage, daß du alt bist.‘
Vorsitzender Richter: Ja.
Und ich wurde von der Reihe hinausgezogen und habe sie nie mehr gesehen.“
Text aus: Monica Kingreen, Der Auschwitz-Prozess 1963–1965. Geschichte, Bedeutung und Wirkung, (Pädagogische Materialien Nr. 8, Fritz Bauer Institut), Frankfurt am Main, 2004, S.68f.
Die Auschwitz-Überlebende Magda Szabo, die 1944 mit ihrer gesamten Familie aus Ungarn nach Auschwitz deportiert wurde, berichtet dem Gericht über die Trennung von ihrer Familie auf der Rampe von Auschwitz.