Die Verfolgung der Zeugen Jehovas

Wegen ihrer konsequenten, religiös begründeten Weigerung, einer irdischen Macht Heil zuzuschreiben und bedingungslos zu gehorchen, werden die Zeugen Jehovas 1933 verboten, ihre Mitglieder verfolgt, vor Gericht gestellt und in KZ-Haft verbracht.

Unter Berufung auf die Bibel weigern sich Jehovas Zeugen, einer irdischen Macht Heil zuzuschreiben und bedingungslos zu gehorchen. Traditionell kam dies in der konsequenten Ablehnung des Militärdienstes, von Eidesleistungen und der Nichtteilnahme an Wahlen zum Ausdruck. Im Dritten Reich verschärften sich die bereits bestehenden Spannungen, weil die Zeugen Jehovas den „Deutschen Gruß“, die Teilnahme an Veranstaltungen und Umzügen, den Fahnenaushang und Spenden bei Sammlungen der NSV und anderer Organisationen ablehnten.

Nach dem 10. November 1933 und der Feier der Bediensteten der Oper zum Gedenken an den Hitlerputsch 1923 denunzierte der NSBO-Vorsitzende der Orchestermusiker den Violonisten Willy Hild beim Generalintendanten: Hild sei weder beim Singen der Nationalhymne und des „Horst-Wessel-Liedes“ aufgestanden oder habe mitgesungen, noch habe er „deutsch“ gegrüßt. Hans Meissner beurlaubte Hild daraufhin und verbot ihm, das Opernhaus weiterhin zu betreten. Hild entschuldigte sich und begründete sein Verhalten mit nervösen Gesundheitsstörungen als Folge seiner Weltkriegsteilnahme. Er zahlte eine Buße und durfte zurückkehren. Im Juli 1938 meldete die Gestapo, Hild sei als Zeuge Jehovas in das KZ Buchenwald deportiert worden. Die Städtischen Bühnen entließen ihn umgehend und sperrten sein Gehalt. Willy Hild überlebte das KZ und wurde am 11. April 1945, körperlich zugrunde gerichtet, befreit.

Vor dem Sondergericht Frankfurt begannen im Oktober 1935 die Prozesse gegen Mitglieder der Zeugen Jehovas. 1937 richteten sich mehr als die Hälfte aller Verfahren gegen sie. Anlass waren die Verteilung der Luzerner Resolution vom Dezember 1936 und des „Offene(n) Brief(es)“ im Juni 1937, die auf die Situation der Zeugen Jehovas unter der Nazi-Diktatur aufmerksam machten. Freisprüche und relativ milde Gefängnisstrafen bewahrten die Zeugen Jehovas nicht vor weiterer Verfolgung. Die Gestapo verhaftete Gläubige nach Freisprüchen oder nach Verbüßung ihrer Strafen und lieferte sie in Konzentrationslager ein. Da ihr Glaube und die Konsequenz, mit der sie ihn vertraten, auf die nationalsozialistischen KZ-Schergen besonders provozierend wirkte, waren besonders sie Schikanen und Terror ausgesetzt. Ihr Glaube trug dafür Sorge, daß viele an Haft und Terror nicht zerbrachen und das KZ überlebten.

Gerichte entzogen Eltern in zahllosen Fällen das Sorgerecht für ihre Kinder. Im Zweiten Weltkrieg legte die nationalsozialistische Justiz die Verweigerung des Militärdienstes als Wehrkraftzersetzung aus und sprach in zahlreichen Fällen die Todesstrafe aus. Der Rassenbiologe Robert Ritter, dessen Berliner Institut die Deportationen der Sinti und Roma wissenschaftlich vorbereitete, kündigte im März 1944 Untersuchungen zur Sippenherkunft der Zeugen Jehovas zur Feststellung des Erbwertes an. Verklausuliert wurde unterstellt, der Glaube der Zeugen Jehovas sei Ausdruck unwerten Erbgutes.

Wegen ihrer konsequenten, religiös begründeten Weigerung, einer irdischen Macht Heil zuzuschreiben und bedingungslos zu gehorchen, werden die Zeugen Jehovas 1933 verboten, ihre Mitglieder verfolgt, vor Gericht gestellt und in KZ-Haft verbracht.



Autor/in: Jürgen Steen
erstellt am 01.01.2003
 

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