Dokument: Staatspolizeiliche Verfügung zur Deportation

Die polizeiliche Verfügung, die den zur Deportation bestimmten Menschen beim Eintreffen der Beamten übergeben wurde.

 

Staatspolizeiliche Verfügung. Anlage zum Schnellbrief der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeistelle Frankfurt/M, vom 21. 8. 1942.

 

Es wird Ihnen hiermit eröffnet, daß Sie innerhalb von zwei Stunden Ihre Wohnung zu verlassen haben. Die beauftragten Beamten sind gehalten, bis Sie Ihre Koffer gepackt und Ihre Wohnung ordnungsmäßig hergerichtet haben, bei Ihnen zu bleiben und Sie alsdann zum Sammelplatz zu bringen. Sie werden ersucht, die Schlüssel an sämtlichen Behältnissen, Schränken usw. stecken zu lassen, ebenso die inneren Wohnungsschlüssel. Soweit Sie die Schlüssel an einem besonderen Schlüsselbund haben, sind sie von diesem abzumachen und an das Behältnis, zu dem sie gehören, zu stecken. Den Haus- und Korridorschlüssel haben Sie mit einem Bändchen und einem daran befestigten Stück Pappe zu versehen und Ihren Namen und Wohnung und Kennummer darauf zu schreiben. Diese Schlüssel haben Sie dem beauftragten Beamten zu übergeben. Vor Verlassen der Wohnung ist das Ihnen ausgehändigte Vermögensverzeichnis genauestens ausgefüllt und unterschrieben abzugeben. Sie haben mitzunehmen:

1. Zahlungsmittel RM 50.-

2. Rucksack oder Handgepäck mit Wäsche und sonstigem zur einfachen Lebensführung notwendigen Gerät.

3. Vollständige Bekleidung (es können auch zwei Mäntel und doppelte Unterwäsche angezogen werden).

4. Verpflegung für zwei* Tage, Löffel**, Teller oder Napf, Trinkbecher, Trinkflasche.

5. Reisepaß, Kennkarte, Arbeits- und sonstige Ausweispapiere sowie Lebensmittelmarken, Kartoffel- und Kohlenbezugsscheine. Sie dürfen nicht eingepackt werden, sondern sind von jeder Person bei sich zu führen.

Nicht mitgenommen werden dürfen:

Wertpapiere, Devisen, Sparkassenbücher usw. sowie Wertsachen jeder Art (Gold, Silber, Platin), ebenfalls kein lebendes Inventar.

Der Ehering sowie eine einfache Uhr dürfen mitgenommen werden.

Wertsachen und Edelmetalle sind in ein Säckchen oder Umschlag zu legen und dem Beamten zu übergeben. Es ist mit genauer Anschrift und Kennummer zu versehen. Über den Inhalt des Säckchens ist ein Verzeichnis aufzustellen, das von dem Beamten und Festgenommenen zu unterschreiben ist. Das Säckchen, die Schlüssel, Personalpapiere, Lebensmittelkarten usw. sind zur Sammelstelle mitzubringen und dort zu übergeben.

Das mitzunehmende Gepäck ist mit den Schlüsseln und einem Schild zu versehen, das in deutlicher Schrift Ihren Namen, Geburtstag und -ort und Wohnung und Kennummer enthält, das hier verbleibende lebende Inventar ist ebenfalls mit einem Schildchen zu versehen, das Ihren Namen und Wohnung in Frankfurt/M angibt. Außerdem haben Sie sich selbst ein Schild um den Hals zu hängen, auf dem Ihr Name und Geburtstag angegeben sind sowie Kennummer.

Allen Anordnungen derjenigen, die Ihnen diese Verfügung bekanntgeben, haben Sie unbedingt und ohne Widerspruch Folge zu leisten und jede geforderte Auskunft zu erteilen, andernfalls Sie mit schwersten Strafen belegt werden. Diese Verfügung ist für ihren Inhaber zugleich Ausweis.

 

Anmerkungen

* Formular: „mehrere“, handschriftlich abgeändert.

** Formular: „Eßbesteck“, handschriftlich abgeändert.

 

Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 425 Nr. 432.

 

Aus: Dokumente zur Geschichte der Frankfurter Juden 1933–1945, S. 527ff.

Die polizeiliche Verfügung, die den zur Deportation bestimmten Menschen beim Eintreffen der Beamten übergeben wurde.


erstellt am 21.08.1942
 

Verwandte Begriffe

Deportation

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