Zufluchtsorte für die Zivilbevölkerung - Hochbunker, Öffentliche Luftschutzräume und private Luftschutzkeller

Ausweis für den Hochbunker an der Goldsteinstraße, 1. Dezember 1942.

Südseite des Luftschutzbunkers Heddernheimer Kirchstraße mit Eingangsbauwerk und Treppenturm. In dem 1941 errichteten Bauwerk fanden offiziell 878 Personen Schutz.

Für jeden Frankfurter sollte ein "Schutzplatz" bereitstehen - doch nur wenige waren wirklich bombensicher. Im März 1944 herrschte in den für knapp 35.000 Personen konzipierten 50 Bunkern qualvolle Enge. Das Gros der Einwohner flüchtete sich bei Fliegeralarm in Öffentliche Luftschutzräume und private Luftschutzkeller.

Das "Dritte Reich" war aus der Luft verwundbar. Die Angriffe der Royal Air Force auf Berlin hatten der NS-Führung im Sommer 1940 unmissverständlich vor Augen geführt, dass der Schutz des Reichsgebiets die Luftwaffe überforderte. Da Eile geboten war, gab Adolf Hitler am 10. Oktober 1940 den Befehl für ein "Führer-Sofortprogramm", das in den Luftschutzorten I. Ordnung die beschleunigte Errichtung von "bombensicheren Luftschutzbauten", so der Fachterminus für "Bunker", für die Bevölkerung vorsah.

Das vom Reich finanzierte Bunkerprogramm wurde in Frankfurt von der beim Bauamt unter Leitung von Baurat Georg Petry eingerichteten "Luftschutzstelle" betreut. Die Planung der Bunker vergab das Bauamt an Frankfurter Architekten, mit der Ausführung wurden bewährte Firmen wie Wayss & Freytag, Hochtief oder Philipp Holzmann beauftragt. Gleichwohl unterlagen die Arbeiten an den rechteckigen Stampfbetonbauten mit Gitterraumbewehrung für Decken und Außenwände in Bezug auf Statik und Betonfestigkeit strengen Kontrollen.

Der typische Frankfurter Luftschutzbau war ein Hochbunker mit drei oder vier Stockwerken. Zweigeschossige Anlagen stehen ausnahmsweise in der Siedlung Goldstein und wurden zur Tarnung der dort vorherrschenden Firsthöhe angepasst. Während die Bunker am Goldsteinweg und an der Schwarzbachmühle nur für jeweils 366 Personen ausgelegt waren, bot der siebenstöckige Reichsbahnbunker am Höchster Bahnhof rund 1.500 Menschen Zuflucht. Mit Hochdruck und unter Heranziehung von ausländischen Arbeitskräften und 140 Kriegsgefangenen wurde an der Jahreswende 1940/41 in Frankfurt auf 14 Bunkerbaustellen gearbeitet. Bei einer Besichtigung des Luftschutzortes durch den Generalinspekteur der Luftwaffe, Generalfeldmarschall Erhard Milch, konnte ihm am 3. April 1941 der zuständige Fachreferent melden: "Die Stadt Frankfurt hat von allen Städten den ersten bombensicheren Luftschutzbau des Führerprogramms fertig gestellt."1 Der von dem Architekten Karl Olsson entworfene und von der Hochtief AG errichtete dreigeschossige Vorzeigebunker steht noch heute an der Brühlstraße in Heddernheim und verfügt über 416 "Schutzplätze". Frankfurt nahm im Luftschutz eine Vorbildfunktion ein, denn als einzige Stadt hatte es die im "Führer-Sofortprogramm" gesetzte Frist eingehalten und bis Anfang April 1941 die ersten zwanzig Hochbunker im Rohbau realisiert.

Trotz Arbeitskräftemangel und Materialknappheit trieb das Bauamt die Fertigstellung "bombensicherer Luftschutzbauten" im Rahmen des "Führer-Sofortprogramms" voran. Im März 1944 verfügte Frankfurt einschließlich der beiden komplett ausgestatteten Operationsbunker in den kommunalen Krankenhäusern in Höchst und in Sachsenhausen über 21 Luftschutzbunker. Zwölf Anlagen waren betonfertig, aber noch nicht vollständig eingerichtet, an sechs Bunkern wurde noch gebaut. Die elf Reichsbahnbunker hinzugerechnet, zählte die Gauhauptstadt 50 "bombensichere Luftschutzbauten", in denen 34.839 "Schutzplätze" vorgehalten wurden. Mit der Ausstellung von "Bunker-Ausweisen" suchte der Polizeipräsident in seiner Funktion als örtlicher Luftschutzleiter, die Belegung der Hochbunker in geordnete Bahnen zu lenken. Tatsächlich drängte sich bei Fliegeralarmen mindestens die dreifache Anzahl von Schutzsuchenden hinter den bis zu dreieinhalb Meter dicken Bunkerwänden.

Nach den Großangriffen im März 1944 suchten verängstigte Einwohner gegen Abend prophylaktisch die Luftschutzbunker auf. NSDAP-Kreisleiter Jordan berichtete am 25. März 1944 Oberbürgermeister Krebs über die Situation am Hochbunker an der Friedberger Anlage: "Tausende von Menschen halten sich in der Anlage vor dem Bunker auf, um sich einen Platz zu sichern. Im Bunker selbst herrschen katastrophale Zustände, so dass mit Krankheiten und Seuchen gerechnet werden muss."2 Da die elektrische Notbeleuchtung ausgefallen sei, werde der Bunker im Inneren nur von zwei Petroleumlampen beleuchtet. Aus Praunheim berichtete am 26. März 1944 der Ortsgruppenleiter dem Kreispropagandaamt von einer weit verbreiteten "Angstpsychose", die dazu führe, "daß etwa ab 20.00 Abends die Wanderung zu den Bunkern beginnt, wo die Leute bis gegen Mitternacht bleiben. So war gestern Abend, ohne daß in unserm Warngebiet Störflieger waren, der Bunker an der Hadrianstraße voll besetzt."3

Aus Kostengründen wurden in Frankfurt nur die beiden Operationsbunker, eine große Schutzraumanlage unter dem Hauptbahnhof und mehrere Luftschutzstollen als Tiefbunker ausgeführt. Der durchschnittliche Aufwand für die Schaffung eines "Tiefbunker-Schutzplatzes" entsprach dem für zwei Plätze in einem Hochbunker. Über die drei im Frühjahr 1944 vorhandenen und insgesamt rund 600 Personen Platz bietenden sowie die beiden noch im Bau befindlichen Luftschutzstollen ist kaum etwas bekannt. Nur die Standorte am Bornheimer und am Ginnheimer Hang sowie am Röderbergweg sind überliefert.

Über das Frankfurter Stadtgebiet erstreckte sich ein engmaschiges Netz von Öffentlichen Luftschutzräumen (ÖLSR). Für Passanten, die von einem Fliegeralarm überrascht oder nicht mehr in einen der überfüllten Bunker eingelassen wurden, standen Anfang 1944 429 ÖLSR mit 55.625 Plätzen bereit. Von den Polizeibehörden in Verbindung mit dem Bauamt für geeignet befundene Kellerräume sollten den Insassen "Schutz gegen die Wirkungen von Sprengbomben, insbesondere gegen Luftstoß, Luftsog, Bombensplitter und Bautrümmer, sowie gegen chemische Kampfstoffe gewähren."4 Als Standorte kamen in erster Linie Keller von Gebäuden, die im Besitz der öffentlichen Hand waren und an stark frequentierten Straßen und Plätzen lagen, in Frage. Im Stadtkernbereich fanden sich zum Beispiel unter dem Römer, dem Saalhof oder dem Süd- und dem Nordbau des Rathauses an der Bethmannstraße großzügig bemessene Luftschutzräume für die Öffentlichkeit.

In den südlichen Kellergewölben des Karmeliterklosters hatte das 4. Polizei-Revier den Öffentlichen Luftschutzraum Nummer 17 eingerichtet. Der Kellereingang an der Ecke Alte Mainzer Gasse und Karmelitergasse war mit einem auf das Mauerwerk gepinselten weißen Pfeil markiert und mit dem Hinweisschild "Öffentlicher Sammel-Schutzraum 575 Personen" kenntlich gemacht. Polizeibeamte und ersatzweise Amtsträger des Reichsluftschutzbundes oder der NSDAP sorgten in den ÖLSR für "Ruhe und Ordnung".

In den circa 35.000 behelfsmäßig ausgebauten Luftschutzkellern Frankfurts hatten die "Luftschutzwarte" das Sagen. Hauseigentümer waren verpflichtet, einen geeigneten Keller für die Hausgemeinschaft als Luftschutzraum herzurichten. Der Luftschutzkeller musste eine Gasschleuse und einen Notausgang aufweisen, die Decken waren abzusteifen, Türen und Fenster mit Splitterschutzvorrichtungen zu sichern. Das im Oktober 1940 angeordnete "Führer-Sofortprogramm" förderte sowohl den Bau bombensicherer Bunker als auch die Schaffung behelfsmäßiger Luftschutzkeller. Damit der Ausbau der privaten Schutzräume vorankam, wurde ein komplettes Baubataillon nach Frankfurt abkommandiert. Von Januar bis Mai 1941 schuf das 1.200 Mann starke Baubataillon 16 in den besonders gefährdeten Stadtteilen Höchst, Gallus, Bornheim und Fechenheim sowie im nordöstlichen Offenbach 4.830 Luftschutzkeller, die rund 46.000 Personen Schutz boten. Nach dem Abzug des Bataillons setzten deutsche und ausländische Arbeitskräfte mit Unterstützung von Pionieren der Wehrmacht und von Kriegsgefangenen das Werk fort.

Anmerkungen:
1 Zitiert nach: Luftschutz-Kriegstagebuch der örtlichen Luftschutzleitung, Bd. 2, S. 19, ISG Luftschutz 306. Siehe auch: Vom Bauamt angefertigte Auflistung der in Frankfurt vorhandenen Luftschutz-Einrichtungen vom 17. Februar 1944, ISG Revisionsamt 87.
2 Schreiben des NSDAP-Kreisleiters an den Frankfurter Oberbürgermeister vom 25. März 1944, ISG Magistratsakten 3.828.
3 Stimmungsbericht der Ortsgruppe Praunheim an das NSDAP-Kreispropagandaamt vom 26. März 1944, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 483 Nr. 10886, S. 139512.
4 Planung und Durchführung der baulichen Maßnahmen bei Öffentlichen Luftschutzräumen. Baulicher Luftschutz Teil III: Sicherheits- und Hilfsdienst, Heft 3, genehmigt vom Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Berlin 1939, S. 5, ISG Hafenbetriebe 178.

Literatur:
Bauer, Thomas, "Terror in Quelle Siegfried 5" - Luftschutz und Luftkrieg in Frankfurt am Main 1933-1945, in: HEIMAT/FRONT. Frankfurt am Main im Luftkrieg, hrsg. von Michael Fleiter, Frankfurt a. M. 2013, S. 26-47
Hampel, Andrea, Hochbunker in Frankfurt am Main, hrsg. vom Denkmalamt und dem Frankfurter Denkmalforum, Frankfurt a. M. 2012 (Beiträge zum Denkmalschutz in Frankfurt am Main, Bd. 17)



Autor/in: Thomas Bauer
erstellt am 28.08.2019
 

Verwandte Personen

Milch, Erhard


Olsson, Karl

Verwandte Begriffe

Royal Air Force

Verwandte Orte

Goldsteinsiedlung


Karmeliterkloster

Top