Aufgrund der Verfügung Nr. 103 vom 28. März sehe ich mich genötigt, zur Klärung meiner eigenen Stellung folgendes zu erklären:
Ich bin der Rasse nach Volljude, dem Bekenntnisse nach protestantisch. Aber ich bin in erster Linie Deutscher und werde mir das nicht durch irgendwelche noch so hohe Persönlichkeiten bestreiten lassen. Denn väterlicherseits und mütterlicherseits leben wir nachweislich seit Jahrhunderten in Deutschland. Ich habe meiner Dienstpflicht im Frieden genügt und war vier Jahre im Krieg, davon fast zwei Jahre im Operationsgebiet. Der kommandierende General des Preußischen Gardekorps hat mir das Eiserne Kreuz 1. Klasse und den Franz-Josefs-Orden Ritterkreuz verliehen. Ich bin vor dem Kriege Professor und Inhaber des Roten Adler Ordens 4. Klasse geworden, im Kriege zum Geheimen Medizinalrat ernannt worden. Nach dem Kriege habe ich keinerlei Beförderung erfahren, nur bin ich 1921/22 durch das Vertrauen des Senats zum Rektor ernannt worden. Ich habe das Städtische Hygienische Institut 1909 gegründet und geschaffen, bin seit dieser Zeit dessen Direktor. Da in allen Erklärungen und Veröffentlichungen nicht das Bekenntnis, sondern die Rasse geltend gemacht wird, so erkläre ich mich für unter die Verfügung fallend und erbitte sofortige Beurlaubung. Meine Lehrtätigkeit als Ordinarius für Hygiene und Bakteriologie gebe ich damit nicht auf. Hierzu müßte ich von anderer Seite veranlaßt werden.
(Institut für Stadtgeschichte, Magistratsakte 5.039)
Max Neisser, Direktor des städtischen Instituts für Hygiene, begründet seine Bitte um Beurlaubung.