Die „jüdischen Konsulenten“

Als Folge der 5. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 27. September 1938 verloren alle bis dahin noch tätigen jüdischen Anwälte zum 30. November 1938 ihre Zulassung. Um die Geschäfte ausgeschiedener Kollegen sowie von auswanderungswilligen Juden jedoch nicht durch „arische“ Anwälte abwickeln zu lassen, schufen die Nationalsozialisten die Funktion des jüdischen Konsulenten.

 

Der „Erfolg“ bei der Ausschaltung jüdischer Anwälte durch das Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 7. April 1933, durch das 20 Prozent der „nichtarischen“ Rechtsanwälte ihre Praxis aufgeben mussten, erschien den nationalsozialistischen Machthabern noch zu gering und so wurden weitere Restriktionen beschlossen. Mit der 5. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 27. September 1938 wurde Juden der Beruf des Rechtsanwalts gänzlich verschlossen und die Funktion des „jüdischen Konsulenten“ geschaffen, die in letzter Konsequenz dazu führte, dass alle noch tätigen jüdischen Anwälte zum 30. November 1938 ihre Zulassung verloren. Betroffen waren von diesem Ausschluß im Oberlandesgerichtsbezirk Frankfurt insgesamt 84 Anwälte. Eine geringe Zahl der Ausgeschlossenen konnte die Zulassung als „jüdischer Konsulent“ – allerdings jeweils auf sehr kurze Zeit befristet und widerrufbar – erlangen. Im OLG-Bezirk Frankfurt waren dies zunächst neun frühere Rechtsanwälte: Max Ludwig Cahn, Siegfried Gutenstein, Heiner Mayer, Siegfried Popper, Richard Rheinstein, Arthur Rosenmayer, Alfred Stern (alle Frankfurt) sowie Berthold Guthmann (Wiesbaden). Die Zulassungen wurden häufig geändert, teils erweitert, immer kurzfristig verlängert – man gewinnt aus den Akten den Eindruck eines Katz- und Mausspiels. Der einzige, der bis 1945 praktizieren konnte, war Max Ludwig Cahn. Seine Tätigkeit war in den letzten Kriegsjahren vorwiegend durch die Abwicklung der Geschäfte ausgeschiedener Kollegen, die Einziehung der Kostenforderungen, die Abwicklung von Pflegschaften und Testamentsvollstreckungen gekennzeichnet. Die deutschen Behörden führten als Grund dafür, dass man solche Tätigkeiten weiter gestatte, vor allem fiskalische Interessen an.

 

Die jüdischen Konsulenten hatten dabei eine sehr delikate Position inne, insbesondere in Auswanderungsfragen; sie mussten selbstverständlich in erster Linie im Interesse ihrer Mandanten handeln, wurden andererseits von verschiedenen Stellen um Auskünfte bedrängt. So forderte etwa die Jüdische Kultusvereinigung jüdische Konsulenten im Auftrag der Gestapo dazu auf, die Verschwiegenheitspflicht zu verletzen und Namen und Anschrift Auswanderungswilliger zu nennen.

 

 

Literatur::

Vollständiger Text in: Barbara Dölemeyer, „Die Frankfurter Anwaltschaft zwischen 1933 und 1945“ in: Rechtsanwälte und ihre Selbstverwaltung 1878 bis 1998, hg. v. der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main, Wiesbaden 1998, S. 59–129

Als Folge der 5. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 27. September 1938 verloren alle bis dahin noch tätigen jüdischen Anwälte zum 30. November 1938 ihre Zulassung. Um die Geschäfte ausgeschiedener Kollegen sowie von auswanderungswilligen Juden jedoch nicht durch „arische“ Anwälte abwickeln zu lassen, schufen die Nationalsozialisten die Funktion des jüdischen Konsulenten.



Autor/in: Barbara Dölemeyer
erstellt am 01.01.2003
 

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