Die „Säuberung“ der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität

Max Dehn, Fotografie um 1950

Emmy Klieneberger-Nobel, Fotografie um 1930

Ruth Moufang, Fotografie um 1935

Otto Szász, Fotografie um 1914

Max Wertheimer, Fotografie um 1914

Franz Weidenreich, Fotografie um 1930

Aus dem Lehrkörper der Naturwissenschaftlichen Fakultät wurden 19 Dozenten (1930: 56 Stellen) entlassen.

Max Wertheimer, der Begründer der Gestaltpsychologie, wurde im April 1933 in den Ruhestand versetzt. Im Sommer wurde ihm eine Gastprofessur in New York angeboten, die er annahm, nachdem er, wie es sich gehörte, um Zustimmung seiner Heimatuniversität nachgesucht hatte. 1936 wurde ein Steckbrief gegen ihn erlassen, wegen „Reichsfluchtsteuerbetrugs“. Mit der Biologin Emmy Klieneberger fiel die erste Frau, die sich an der Frankfurter Universität habilitiert hatte, den Säuberungen zum Opfer. Sie verlor gleichzeitig ihre Stelle am Institut für Hygiene.

Der Mathematikerin Ruth Moufang wurde die Dozentur verweigert, weil nach nationalsozialistischer Auffassung, der Dozent zugleich Führer der Studenten sei und eine Frau diese Anforderungen nicht erfüllen könne. Der Chemiker Julius von Braun hatte in seinem Ariernachweis seine Großeltern als evangelisch angegeben und damit nach Auffassung der Universität verschwiegen, daß die jüdischen Großeltern sich hatten taufen lassen. Die NSDAP-Ortsgruppe Bockenheim brachte den Stein, der zur Entpflichtung führte, ins Rollen.

Mit der Vertreibung der Mathematiker Max Dehn, Hermann Hellinger, Otto Szász und Paul Epstein, der sich aufgrund einer Vorladung zur Gestapo vergiftete, wurde das Mathematische Seminar geradezu enthauptet.

Die Berufung des Physikers Karl Wilhelm Meissner 1932 hatte das "Frankfurter Volksblatt" zum Anlass einer Polemik gegen die Berufungspolitik der Universität genommen. Meissner war mit einer, so das Volksblatt wörtlich, „polnischen Jüdin“ verheiratet. 1937 forderte die Universität ihn auf, sich von seiner Frau zu trennen oder sein Amt niederzulegen. Im November 1938 emigrierten er und seine Frau in die Vereinigten Staaten. Der Jude Franz Weidenreich las Rassenkunde. Er emigrierte nach China.

 

Weiterführende Hinweise::

 

Vertriebene Dozenten der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Johann Wolfgang-Goethe - Universität:

 

Julius von Braun, Max Dehn, Friedrich Dessauer, Paul Epstein, Gottfried Fraenkel, Walter Fraenkel, Friedrich Hahn, Hermann Hellinger, Erich Heymann, Emmy Klieneberger, Cornelius Lanczos, Fritz Mayer, Karl Wilhelm Meissner, Ruth Moufang, Georg Sachs, Edmund Speyer, Otto Szász, Max Wertheimer, Franz Weidenreich

Aus dem Lehrkörper der Naturwissenschaftlichen Fakultät wurden 19 Dozenten (1930: 56 Stellen) entlassen.



Autor/in: Jürgen Steen
erstellt am 01.01.2003
 

Verwandte Personen

Dehn, Max


Dessauer, Friedrich


Epstein, Paul


Fraenkel, Gottfried


Fraenkel, Walter


Hahn, Friedrich


Hellinger, Hermann


Heymann, Erich


Klieneberger, Emmy


Lanczos, Cornelius


Mayer, Fritz


Meissner, Karl


Moufang, Ruth


Sachs, Georg


Speyer, Edmund


Szász, Otto


von Braun, Julius


Weidenreich, Franz


Wertheimer, Max

Verwandte Begriffe

Ariernachweis


Jude


Rassenkunde


Reichsfluchtsteuer


Säuberung

Verwandte Orte

Frankfurter Volksblatt


Institut für Hygiene


Naturwissenschaftliche Fakultät


NSDAP-Ortsgruppe Bockenheim

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