Widerstand einzelner Anwälte der Frankfurter Anwaltschaft.
Warnende Stimmen, die auf die Haltung der Nationalsozialisten „zu den Organen der Rechtspflege und zu den Grundfragen des Rechts überhaupt“ hinwiesen, blieben vereinzelt und wenig einflussreich. Dennoch gibt es einzelne Fälle des Widerstands gegen das Regime, indem Anwälte die Verteidigung politisch missliebiger Personen übernahmen, Eingaben zugunsten diskriminierter Standeskollegen geschrieben wurden oder indem sie sich auf die Seite Verfolgter stellten und so offen das System herausforderten.
Die Anwälte Hans Wilhelmi, Otto Wedesweiler und Herbert Wörbelauer, bekannt als die drei bösen „W“, organisierten Ende 1933 einen „Bund Deutscher Nationaler Juristen“, der dem Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen Opposition machte und dem zunächst eine große Zahl Frankfurter Anwälte und Richter angehörten; allerdings blieben davon relativ bald nur mehr die Gründer übrig. Diese Gruppe wandte sich gegen Berufsverbote, richtete Eingaben an das Justizministerium etc. Darüber hinaus ermöglichten sie Jacob Flesch, der infolge des Gesetzes von 1933 seine Praxis aufgeben musste, da er „Halbjude“ war, in ihrer Sozietät weiter zu arbeiten, allerdings ohne nach außen auftreten zu können.
In dem Hochverratsprozess gegen „Ege und andere“ vor dem Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Kassel (17./18. November 1942) trat Justizrat Gehrke, Frankfurt, als Verteidiger des Ege auf; er stellte einen der anderen Angeklagten als Agent provocateur der Gestapo hin und stand auch nicht an, Angriffe gegen die Ermittlungsmethoden der Gestapo zu formulieren. Die Gestapo wandte sich sogleich gegen die „weitere Verwendung des Justizrats Gehrke als Verteidiger in Hoch- und Landesverratsangelegenheiten“ (HHStAW Abt. 458, Nr. 664, fol. 206ff.) und der OLG-Präsident in Kassel teilte dem OLG-Präsidenten in Frankfurt mit, er werde Gehrke nicht mehr als Verteidiger vor dem Strafsenat akzeptieren.
Carl Thormann übernahm im sogenannten "Kleinen Volksvereinsprozeß" die Verteidigung, in dem es vordergründig um Untreue, eigentlich aber um die politische Meinung der Angeklagten, insbesondere Friedrich Dessauers, ging. Während der Hauptverhandlung geriet Thormann in Verdacht, unerlaubte politische Beziehungen zu ausländischen Kreisen zu unterhalten. Gegen ihn wurde daher ein Vertretungsverbot erlassen und am 14. Juli 1934 wurde er aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen. Begründet wurde der Ausschluss mit „seiner Gehässigkeit gegenüber der nationalsozialistischen Bewegung, auch gegenüber der Tätigkeit des deutschen Militärs während des Krieges“ sowie ganz allgemein mit „undeutscher Gesinnung“.
Literatur::
Vollständiger Text in: Barbara Dölemeyer, „Die Frankfurter Anwaltschaft zwischen 1933 und 1945“ in: Rechtsanwälte und ihre Selbstverwaltung 1878 bis 1998, hg. v. der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main, Wiesbaden 1998, S. 59–129.
Widerstand einzelner Anwälte der Frankfurter Anwaltschaft.