Die Änderung des Anwaltsrechts seit 1933 und die Reichs-Rechtsanwaltsordnung von 1936

Änderungen des Anwaltsrechts ab 1933 ließen nach und nach verstärkt Gesichtspunkte politischer Zuverlässigkeit in die Zulassungsbestimmungen einfließen, die zum Ende der freien Advokatur führten.

 

Die durch Verordnung vom 22. März 1933 als Spitze der Kammerorganisation geschaffene Reichs-Rechtsanwaltskammer (RRAK) wurde in ihren Funktionen bereits 1934 aufgewertet und diente als Instrument zur Gleichschaltung der Anwaltschaft. Ihr wurde die Ehrengerichtsbarkeit in zweiter Instanz übertragen und damit aus der Zuständigkeit des Reichsgerichts gelöst. So wurde einerseits – nach außen – ein alter Wunsch der Anwaltschaft erfüllt, andererseits dadurch, dass in die wichtigsten Gremien eben die parteinahen Persönlichkeiten eindrangen, dennoch Linientreue im Rahmen der „Selbstverwaltung“ gewährleistet.

Änderungen des Anwaltsrechts ab 1933 brachten nach und nach verstärkt Gesichtspunkte politischer Zuverlässigkeit in die Zulassungsbestimmungen. Bereits durch Verordnung vom 24. April 1933 ordnete der preußische Justizminister Hanns Kerrl eine „Nachprüfung“ für Nachwuchsjuristen an, die nach der Staatsprüfung zur Rechtsanwaltschaft zugelassen (oder zu Gerichtsassessoren ernannt) werden wollten, (…) deren Zweck es ist, mir ein Bild von der Volksverbundenheit des Bewerbers zu vermitteln“. Diese Bestimmung traf in erster Linier – aber keineswegs ausschließlich – jüdische Bewerber. Die „Nachprüfung“ wurde in der Folge durch die Einführung des Probe- oder Anwärterdienstes ausgebaut.

Das Gesetz zur Änderung der Rechtsanwaltsordnung vom 20. Dezember 1934 formulierte die Voraussetzungen, unter denen die Zulassung versagt werden kann, neu: „(…) wenn die Persönlichkeit des Antragstellers nach seinem bisherigen Verhalten keine Gewähr für zuverlässige Berufsausübung und gewissenhafte Erfüllung der anwaltlichen Standespflichten bietet (…).“ Durch diese Generalklausel war eine weitere Bresche in die freie Advokatur geschlagen, die Auslegung ermöglichte die Ausschaltung politisch missliebiger Anwärter. Die neue Reichs-Rechtsanwaltsordnung (RRAO) von 1936 verstärkte noch die Stellung der RRAK und demontierte damit die Reste anwaltlicher Selbstverwaltung vor Ort. Auch in ihren übrigen Bestimmungen vollendete die RRAO die Abschaffung der „freien Advokatur“. Numerus clausus, Zulassung nach dem Prinzip der persönlichen (parteipolitischen) Zuverlässigkeit, Vorschaltung eines Probe- und Anwärterdienstes, der allein vom Reichsjustizministerium gesteuert war, beseitigten den Anspruch auf Zulassung und die Rückkehr zu Prinzipien des Obrigkeitsstaates wie sie vor 1878 geherrscht hatten. Die Einordnung in das System brachte der Rechtsanwaltseid zum Ausdruck: „Ich schwöre, dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler Treue zu halten und die Pflichten eines Deutschen Rechtsanwaltes gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe.“

 

Literatur

 

Vollständiger Text in: Barbara Dölemeyer, „Die Frankfurter Anwaltschaft zwischen 1933 und 1945“ in: Rechtsanwälte und ihre Selbstverwaltung 1878 bis 1998, hg. v. der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main, Wiesbaden 1998, S. 59–129.

Änderungen des Anwaltsrechts ab 1933 ließen nach und nach verstärkt Gesichtspunkte politischer Zuverlässigkeit in die Zulassungsbestimmungen einfließen, die zum Ende der freien Advokatur führten.



Autor/in: Barbara Dölemeyer
erstellt am 01.01.2003
 
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