Seit 1895 warb das Hotel Kölner Hof reichsweit mit der Behauptung, das einzige „judenfreie“ Hotel in Frankfurt am Main zu sein. Was auf den ersten Blick antisemitisches Bekennertum zu sein scheint, verquickte tatsächlich politische Interessen mit den konkurrenzlosen Geschäftschancen eines „judenfreien“ Hotels im als „Judenstadt“ verschrieenen Frankfurt.
Hermann Laass erwarb als knapp 27-jähriger 1892 den Kölner Hof, einen Hotelneubau mit Restaurant unmittelbar gegenüber dem südlichen Eingang des 1888 eröffneten Frankfurter Hauptbahnhofs. Seit Herbst 1895 warb das Hotel reichsweit mit antisemitischen Plakaten, Bildpostkarten, Klebe- und Handzetteln und in antisemitischen Zeitungen. 1892 hatte das Hotel sechzig Zimmer mit neunzig Betten und expandierte bis 1914 auf 140 Zimmer und 200 Betten. Zugleich wurde das Gebäude durch den Einbau einer Dampfheizung, elektrischem Licht und einem Fahrstuhl modernisiert.
Die antisemitische Bewegung des Kaiserreichs bejubelte den Hotelier als einen ihrer Helden. Dessen geschäftlicher Erfolg sei an erster Stelle durch Fleiß, Tatkraft und „ehrlichen Willen“, allesamt als „deutsch“ geltende Tugenden, bedingt. Zugleich zeige sich, dass mit dem offenen Bekenntnis zum Antisemitismus sogar in der „Judenstadt“ Frankfurt Geld zu machen sei. Antisemitische Zeitungen forderten ihre Leser auf, bei einer Reise nach Frankfurt den Kölner Hof als Hotel zu nutzen.
Der 1891 gegründete "Deutsche Verein", das einzige bekannte Beispiel für organisierten Antisemitismus in Frankfurt mit zu seinen Glanzzeiten etwa 500 Mitgliedern, unterstützte den Hotelier, der sich seinerseits im Verein engagierte und von 1903 bis 1910 Vorsitzender war. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs löste der Verein sich auf. Öffentlich trat er das letzte Mal 1912 mit seiner erfolglosen Kampagne gegen die Errichtung des Frankfurter Heinrich-Heine-Denkmals in Erscheinung.
Die Lage des Kölner Hofes in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hauptbahnhof prädestinierte das Hotel geradezu als Domizil für auswärtige Antisemiten, die aus geschäftlichen Gründen in die Stadt kamen. Die Banken- und Handelsstadt war ein überregionales (und internationales) Verkehrszentrum. Mit dem Erwerb eines antisemitischen Stammpublikums wurde Laass schlagartig alle Sorgen los, die der Konkurrenzkampf im Frankfurter Hotelgewerbe machen konnte. Als einziges „judenfreies“ und von der antisemitischen Bewegung propagandistisch unterstütztes Hotel in der „Judenstadt“ Frankfurt erwarb Laass gleichsam ein Monopol. Umgekehrt brauchte die antisemitische Bewegung Laass für den Nachweis von Erfolgen. Folgerichtig verschmolzen in den Bildpostkarten politische Propaganda und Geschäftswerbung.
Die Werbestrategie für das Hotel und das antisemitische Interesse an der Propagierung des Hotels als Erfolg „deutschen“ Widerstands im "Neu-Jerusalem am fränkischen Jordan" bedingten einander. Die Stigmatisierung der Stadt war keine Erfindung des Hoteliers, sondern bediente ein Klischee, das reichsweit bekannt war. Laass bot in seinem Hotel auch weiteres antisemitisches Material an. 1900 unternahm die Stadt Frankfurt am Main juristische Schritte, als Laass, der eine Konzession für die Nutzung des Bürgersteigs hatte, hier Karten auslegen ließ, die „jüdischen Besuch verbaten“. Den Rechtsstreit gewann schließlich die Stadt. Laass verlor die Konzession. Er verstieg sich zu der Behauptung, seine Kellner hätten die Karten ohne sein Wissen aufgestellt. Er dachte offensichtlich nicht im Traum daran, den Gerichtssaal als antisemitisches Tribunal zu nutzen.
Mit der Vergrößerung des Hotels wurde die antisemitische Agitation moderater. Wird auf den ersten Bildpostkarten „getreten“, so wird einige Jahre später „verbeten“. Die Werbung mit dem Restaurant richtete sich fraglos auch an das Frankfurter Publikum und in seiner Gediegenheit an einen deutschnationalen Kundenkreis, das den völkischen Radau-Antisemitismus ablehnte. Als der Kaiser zu Beginn des Ersten Weltkriegs mitteilte, er kenne nur noch Deutsche, was deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens ausdrücklich einschloss, beendete Laass die antisemitische Hotelwerbung. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs holte er sie wieder hervor. Laass trat 1918 der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), der bürgerlichen Antisemitenpartei, bei und kandidierte 1924 erfolgreich für die Stadtverordnetenversammlung. Da die DNVP die zweitstärkste Fraktion stellte, fiel ihm das Amt des Stellvertretenden Stadtverordnetenvorstehers zu. Auf der Fotografie von Magistrat und Stadtverordnetenversammlung aus dem Jahre 1926 sitzt er in der ersten Reihe, neben dem sozialdemokratischen Stadtverordnetenvorsteher Leonhard Heißwolf und dem „Juden“ Oberbürgermeister Ludwig Landmann. Erst 1933, kurz vor seinem Tod 1936, wird Laass Mitglied der NSDAP.
Seit 1895 warb das Hotel Kölner Hof reichsweit mit der Behauptung, das einzige „judenfreie“ Hotel in Frankfurt am Main zu sein. Was auf den ersten Blick antisemitisches Bekennertum zu sein scheint, verquickte tatsächlich politische Interessen mit den konkurrenzlosen Geschäftschancen eines „judenfreien“ Hotels im als „Judenstadt“ verschrieenen Frankfurt.