In Oberrad wurden während des Zweiten Weltkriegs Fremd- und Zwangsarbeiter verschiedener Nationen eingesetzt, um die Produktion in den ortsansässigen Betrieben und Gärtnereien zu garantieren.
Mit Fortdauer des Zweiten Weltkriegs und dem steigenden Bedarf der deutschen Wehrmacht an Soldaten machte sich wie im Reich so auch in Oberrad der Mangel an Arbeitskräften bemerkbar. Wegen ihrer geringen Betriebsgröße waren Oberräder Gärtnereien auf jede Arbeitskraft angewiesen. Vor allem in den Erntezeiten wirkte sich der Arbeitskräftemangel bedrohlich auf die Versorgung der Frankfurter Bevölkerung mit Gemüse und Obst aus. Die in der Land- und Gartenbauwirtschaft eingesetzten Saisonarbeiter besaßen keinen wehrwirtschaftlichen Status, der sie vor der Musterung bewahren konnte und wurden alsbald eingezogen.
Um dem Mangel an Arbeitskräften entgegen zu wirken, wurde von den Nationalsozialisten der Arbeitseinsatz von Kriegsgefangenen und ausländischen Zivilarbeitern beschlossen. Im April 1943 kamen beispielsweise 3.635 Ukrainer, 5.622 Russen und 1.793 russische Kriegsgefangene in Frankfurt am Main zum Arbeitseinsatz. Im gleichen Zeitraum wurden im Stadtteil Oberrad etwa 90 russische und 30 ukrainische Zivilarbeiter hauptsächlich in der ortsansässigen Schuhmaschinenfabrik Walther & Co. eingesetzt. Des Weiteren arbeiteten auf den Oberräder Gemüsefeldern noch eine nicht bekannte Anzahl französischer und holländischer Fremdarbeiter.
Die Fremd- und Zwangsarbeiter waren nach dem ihnen zugeteilten Status in unterschiedlichen Unterkünften untergebracht. So wohnten die Fremdarbeiter aus den westlichen Staaten teils in unbewachten Lagern, teils in Häusern der Arbeitgeber und konnten sich in der Stadt relativ frei bewegen. Die Zwangsarbeiter aus Polen, der Ukraine und Russland hingegen wurden in bewachte, mit Stacheldrahtzaun befestigte Lager eingewiesen. In Oberrad gab es 1943 vier solcher Arbeitslager. Darunter auch die Turnhalle des Stadtteils in der Spatzengasse. Die nachzuweisenden Reaktionen der Bevölkerung des Stadtteils auf die ausländischen Fremdarbeiter sind dürftig, aber durchweg ablehnend. So bemerkte NSDAP-Ortsgruppenleiter Koch in einem Stimmungsbericht an die Kreisleitung der NSDAP vom 29. September 1943, dass es Probleme zwischen Deutschen und Fremdarbeitern gegeben habe, dies vor allem in Gastwirtschaften. Er äußerte die Meinung, dass man „auf Dauer (...) ohne noch strengere Überwachung und ohne eine reinlichere Scheidung“ der Ausländer von den Deutschen der Schwierigkeiten nicht Herr werden könne. Koch schlug deshalb vor, „einige Lokale nur für Ausländer freizugeben und dafür andere Lokale für Ausländer zu sperren“. Der Tendenz dieses Stimmungsberichts entspricht der missglückte Versuch einer ortsansässigen Firma, weitere Fremdarbeiter in ein Wohnhaus in Oberrad einzuquartieren, was am nachdrücklichen Widerstand der Bewohner scheiterte.
Literatur::
Lutz Becht, Ausländische Arbeitskräfte und Arbeitseinsatz in Frankfurt am Main 1938–1945, in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst 65 (1999), S. 422–472
In Oberrad wurden während des Zweiten Weltkrieges Fremd- und Zwangsarbeiter verschiedener Nationen eingesetzt, um die Produktion in den ortsansässigen Betrieben und Gärtnereien zu garantieren.