Als amtliche Stellen zur Betreuung von Verfolgten des NS-Regimes dienten ab 1946 in Hessen die drei Regierungspräsidien in Wiesbaden, Darmstadt und Kassel. Nach Erlass des hessischen Entschädigungsgesetzes 1953 und später des Bundesentschädigungsgesetzes waren sie bis 1968 für deren Umsetzung zuständig.
Viele Verfolgte der NS-Zeit waren durch Verschleppung in Konzentrationslager und Haft völlig mittel- und oft auch wohnungslos. In den kriegszerstörten Städten sahen sie sich nach der Befreiung in einer noch deutlich verzweifelteren Situation als die vielen Ausgebombten und anderen Flüchtlinge. Deshalb versuchten die Besatzungsbehörden, rasch gesetzliche Grundlagen für die Entschädigung der Opfer zu schaffen.
Nach dem „Gesetz über die Bildung eines Sonderfonds zum Zwecke der Wiedergutmachung“ von 1946, dann vom Länderrat 1947 erneuert und 1949 verlängert, sollten politisch, rassisch und religiös Verfolgte „vorläufige Zahlungen und andere Entschädigungen“ erhalten, sofern sie sich in „wirtschaftlicher Notlage“ befanden. Die Mittel waren unter anderem aus den nach dem „Gesetz zur Befreiung von Militarismus und Nationalsozialismus“ eingezogenen NS-Vermögen auszugeben.
Bis Sommer 1947 hatten die hessischen Betreuungsstellen bereits 10.487 hilfesuchende Personen erfasst. Dabei ging es jedoch nur um die Befriedigung dringendster Bedürfnisse, nicht um den Ausgleich für entzogenes Vermögen oder andere Schäden. In Groß-Hessen wurden die drei hessischen Regierungspräsidenten in Darmstadt, Kassel und Wiesbaden zu Hauptbetreuungsstellen für NS-Opfer bestimmt. Als solche fungierten sie zwischen 1946 und 1949. Dabei galten sie auch als Beschwerdeinstanz für Entscheidungen der Betreuungsstellen auf Stadt- und Kreisebene. Diesen übergeordnet waren ab Herbst 1945 wechselnde hessische Ministerien.
Nach Erlass des „Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts“ (Entschädigungsgesetz) fungierten die Regierungspräsidenten von 1949 bis 1953 als Entschädigungsbehörden zur Umsetzung dieses Gesetzes. Die Anmeldung und Vorprüfung der Anträge besorgten bis 1951 die Betreuungsstellen. Zwischen 1953 und 1968 hatten sie über Entschädigungsanträge nach dem „Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung“ von 1953 sowie nach dem „Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung“ (Bundesentschädigungsgesetz) von 1956 zu entscheiden. Weitere Rechtsgrundlagen waren die „Hessische Zuständigkeits- und Verfahrensordnung zum Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung“ von 1953, die „Dienstanweisung für die Entschädigungsbehörden nach dem Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung“ von 1953, die „Hessische Zuständigkeits- und Verfahrensordnung zum Bundesentschädigungsgesetz“ von 1957 und 1968, zuletzt geändert 1973, das „Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes“ (BEG-Schlussgesetz) von 1965, die „Richtlinien der Hessischen Landesregierung über Härteleistungen an Opfer von nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen“ von 1991 und die „Richtlinien der Hessischen Landesregierung über Härteleistungen an Opfer von nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen“ von 2001.
Grundsätzlich bezog sich die Zuständigkeit jedes Regierungspräsidenten auf seinen Regierungsbezirk, mit der Ausnahme, dass die Bearbeitung der Anträge von DPs nach dem Bundesergänzungs- und dem Bundesentschädigungsgesetz landesweit allein dem Regierungspräsidenten Darmstadt oblag. Die Regierungspräsidenten richteten jeweils Entschädigungsbehörden ein, die neben der Prüfung und Entscheidung der Anträge das Land Hessen auch bei Verfahren vor den Entschädigungskammern, seit 1973 auch vor den Entschädigungssenaten der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs vertraten. Bei Anträgen auf Entschädigung für geleistete Sonderabgaben hatte die Entschädigungsbehörde vor Erteilung des Bescheides mit den Finanzämtern und Gemeinden Kontakt aufzunehmen, um eventuell noch rückständige Steuern und öffentliche Abgaben von der Entschädigungssumme abziehen zu können.
Im Jahr 1968 wurden die Entschädigungsbehörden der Regierungspräsidenten Darmstadt, Kassel und Wiesbaden beim Regierungspräsidenten Darmstadt vereinigt. Die Entschädigungsbehörde des Regierungspräsidenten Darmstadt hat seitdem ihren Sitz in Wiesbaden.
Insgesamt erbrachte das Land Hessen bis Ende 1956, als das Bundesentschädigungsgesetz in Kraft trat, Entschädigungsleistungen in Höhe von 284,4 Millionen D-Mark. Nach dem Bundesentschädigungsgesetz wurden für Schäden am Vermögen insgesamt 537 Millionen D-Mark gezahlt, wobei der Höchstbetrag der Kapitalentschädigung je Einzelfall auf 75.000 D-Mark begrenzt war. Für Schäden aus der Zahlung von Sonderabgaben, Geldstrafen, Bußen und Kosten hatte die Bundesrepublik insgesamt 302 Millionen Deutsche Mark aufgewandt.
Das US-Entschädigungsgesetz
„Die Wiedergutmachung besteht in der Wiederherstellung der Rechtslage, die ohne das schädigende Ereignis bestehen würde, auf Kosten des Landes.“
(Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts /Entschädigungsgesetz, 1. April 1949)
Nach Anhörung des Parlamentarischen Rates beschloss der Länderrat im Vorfeld der Gründung der Bundesrepublik Deutschland das „Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Entschädigungsgesetz)“, das in der US-Zone zum 1. April 1949 in Kraft trat. Damit hatten die Amerikaner der Bundesrepublik nochmals deutlich den Weg der „Wiedergutmachung“ gewiesen. Nun bestand für die Geschädigten endlich ein Rechtsanspruch auf Entschädigung, wo sie zuvor auf Grund der Sonderfondsgesetze nur bei „wirtschaftlicher Notlage“ eine Hilfe erhalten hatten. Im Gegensatz zur Rückerstattungsgesetzgebung diente das Entschädigungsgesetz vor allem der „Wiedergutmachung“ von Schäden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit und wirtschaftlichem Fortkommen. Es sah jedoch auch die Entschädigung von Eigentums- und Vermögensschäden vor. Allerdings war die Leistung auf 75.000 D-Mark und auf Eigentum beschränkt, das sich innerhalb des Reichsgebietes in seinen Grenzen vom 31. Dezember 1937 befunden hatte. Ferner wurden schwere Vermögensschäden entschädigt, die aus diskriminierenden „Sondermaßnahmen“ des Reichs, eines Landes, einer Anstalt oder Körperschaft öffentlichen Rechts herrührten, ebenso die Zahlung von Sonderabgaben an das Reich, ein Land, eine Anstalt oder Körperschaft öffentlichen Rechts. Dazu zählte insbesondere die Reichsfluchtsteuer, wobei die Erstattung von Beträgen von mehr als 50.000 D-Mark gestückelt und begrenzt werden konnte, aber auch die „Judenvermögensabgabe“, „Heimeinkauf“ oder die Benachteiligung für nicht gewährte Steuerfreibeträge. Die Entschädigung zum Ausgleich von Schäden am Eigentum und Vermögen, für Sonderabgaben, Geldstrafen und Bußen gehörten in der Rangfolge der nach den verfügbaren Deckungsmitteln zu leistenden Wiedergutmachung zur Klasse II, die nach Intention des Gesetzgebers fünf Jahre nach Inkrafttreten des Entschädigungsgesetzes, also 1954, abgeschlossen sein sollte.
Einen Entschädigungsantrag konnten Personen stellen, die zum Stichtag 1. Januar 1947 in Hessen ihren Wohnsitz beziehungsweise gewöhnlichen Aufenthalt hatten oder dem Land danach als Flüchtling zugewiesen worden waren. Außerdem waren Personen beziehungsweise deren Erben antragsberechtigt, die vor dem 1. Januar 1947 verstorben oder emigriert waren, aber ihren letzten deutschen Wohnsitz beziehungsweise gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet des heutigen Landes Hessen gehabt hatten. Ferner gehörten zu den Anspruchsberechtigten Insassen eines DP-Lagers, die von Hessen aus bis zum 31. Dezember 1946 emigriert waren oder sich am 1. Januar 1947 noch in DP-Lagern aufhielten und in die hessische Rechts- und Wirtschaftsordnung integriert waren oder sich innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Entschädigungsgesetzes in Hessen eingliederten.
Für Schäden an Grundstücken gewährte das Land unabhängig vom Wohnsitz beziehungsweise gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten Entschädigung, sofern sich die Liegenschaft in Hessen befand. Der Wiedergutmachungsanspruch war abgesehen von einigen Ausnahmen vererbbar. Die Anmeldefrist lief grundsätzlich ein Jahr nach Inkrafttreten des Entschädigungsgesetzes ab, also am 31. März 1950.
Die Entschädigung gewährte das Land. Nach dem Entschädigungsgesetz wurden Geldansprüche nach der Währungsreform im Verhältnis 10 Reichsmark zu 2 D-Mark umgerechnet. Die im Rahmen des Wiedergutmachungsgesetzes bereits bewirkten Leistungen waren nach diesem Umrechnungsverhältnis anzurechnen.
Das Bundesergänzungsgesetz
Erst vier Jahre nach Gründung der Bundesrepublik verabschiedete der Bundestag ein für die gesamte Bundesrepublik geltendes Entschädigungsgesetz, mit dessen Inkrafttreten das noch mit der US-Militärregierung abgestimmte Entschädigungsgesetz für die US-Zone abgelöst wurde. Denn im Deutschland-Vertragswerk vom 26. Mai 1952 hatten die Westalliierten im Überleitungsvertrag eine beschleunigte und wirksame Entschädigung der NS-Opfer festgeschrieben.
Das am 1. Oktober 1953 in Kraft getretene „Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung“ vom 18. September 1953 übernahm die Grundzüge des Entschädigungsgesetzes der US-Zone. Danach konnten Personen, die unter anderem aus Gründen der Rasse, der Religion und der Weltanschauung während der NS-Zeit verfolgt worden waren, Ansprüche geltend machen. Der Anspruch bestand unter anderem, wenn der Geschädigte am 1. Januar 1947 seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hatte, bzw. wenn Emigranten, Ausgewiesene oder Deportierte ihren letzten deutschen Wohnsitz im Gebiet der Bundesrepublik hatten. Außerdem wurde der Kreis der Berechtigten auf Flüchtlinge aus der Deutschen Demokratischen Republik, auf Vertriebene und Heimkehrer nach dem Heimkehrergesetz sowie auf DPs aus allen Lagern auf dem Gebiet der Bundesrepublik, die sich dort am 1. Januar 1947 aufgehalten haben oder nach dem 31. Dezember 1946 ausgewandert waren, ausgedehnt. Für Schäden an Grundstücken bestand weiterhin unabhängig vom Aufenthalt des Geschädigten ein Entschädigungsanspruch, sofern sich die Liegenschaft in der Bundesrepublik befand. Die Anmeldefrist für in Deutschland lebende Berechtigte lief am 1. Oktober 1954 und für alle übrigen am 1. Oktober 1955 ab.
Hinsichtlich der fiskalischen Ausplünderung antisemitisch Verfolgter sind die Regelungen für Schäden an Eigentum und Vermögen maßgeblich. Danach bestand ein Entschädigungsanspruch für erzwungene Sonderabgaben, dazu zählten nun ausdrücklich auch die zugunsten der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland abzuschließenden Heimeinkaufverträge, Abgaben an die Deutsche Golddiskontbank zur Erlangung einer Ausfuhrgenehmigung für Umzugsgut von Emigranten und die im Zusammenhang mit der verfolgungsbedingten Emigration zu entrichtete Reichsfluchtsteuer. Ansprüche konnten ferner hinsichtlich von Geldstrafen, Bußen und Kosten geltend gemacht werden, die im Zusammenhang mit der NS-Verfolgung entstanden waren wie beispielsweise in Devisenstrafverfahren. Auch für die Erstattung des Transferschadens im Zusammenhang mit der Emigration bestand nun ein Anspruch. Allerdings war auch hier der Entschädigungsgesamtbetrag für Vermögensschäden bei Individualansprüchen auf 75.000 D-Mark je Geschädigtem begrenzt.
Das Gesetz bestimmte die Reihenfolge, nach der die Ansprüche befriedigt werden sollten, was sich auch auf die Bearbeitung der Anträge auswirkte. Danach hatten insbesondere Anträge auf Heilverfahren von Berechtigten im Alter von mindestens 60 Jahren, zur Hälfte Erwerbsgeminderten unter bestimmten Voraussetzungen Vorrang, wobei vielfach abschlagsweise Teilzahlungen vorgesehen waren. Das bedeutete auch, dass über einen Antrag auf Entschädigung verschiedener Schadenskategorien Stück für Stück entschieden werden konnte. Die Befriedigung von Ansprüchen für Schaden an Eigentum und Vermögen stand im Regelfall an siebter und damit letzter Stelle, sodass sich deren Bearbeitung meist am längsten hinzog. Generell sollte nach diesem Gesetz das Ziel verfolgt werden, sämtliche anerkannten Ansprüche bis 1962 zu erfüllen. Die Zahlung richtete sich jedoch grundsätzlich nach der aktuellen „Zahlungsfähigkeit“ der Bundesrepublik. Zugleich wurde ein Härtefonds gebildet, der denjenigen zu Gute kommen sollte, die aus dem Raster des Gesetzes herausfielen, aber dennoch einen Schaden – berücksichtigt wurden auch Vermögensschäden – nachweisen konnten. Darüber hatte jeweils die oberste Entschädigungsbehörde des Landes zu befinden.
Als Entschädigungsorgane bestimmte das Gesetz die Entschädigungsbehörden der Länder sowie die Entschädigungsgerichte. Die Länder hatten vorläufig auch die Kosten der Entschädigungsleistungen zu tragen.
Das Bundesentschädigungsgesetz
Das rückwirkend zum 1. Oktober 1953 in Kraft getretene „Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung“ (Bundesentschädigungsgesetz) vom 29. Juni 1956 brachte für die NS-Verfolgten wesentliche Verbesserungen, insbesondere durch die Erhöhung der Pauschalentschädigungen und die Anerkennung weiterer Schadenstatbestände. Anspruchsberechtigt waren nun unter anderen Geschädigte, die am 31. Dezember 1952 ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt in der Bundesrepublik hatten, vor diesem Datum verstorben, aber zuletzt dort ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt gehabt hatten. Die Antragsfrist lief bis 1. Oktober 1957.
Schaden an Eigentum und Vermögen wurde nun klarer unterschieden und die neue Obergruppe Schaden durch Zahlung von Sonderabgaben, Geldstrafen, Bußen und Kosten geschaffen. Auch entgangene Nutzung eines am 31. Dezember 1937 im Reichsgebiet vorhandenen Vermögens begründete nun ausdrücklich einen Entschädigungsanspruch, wobei ein Schaden unter 500 Reichsmark unberücksichtigt blieb. War ein Schaden am Vermögensbestand eingetreten, musste er ebenfalls entschädigt werden. Transferverluste, bei denen der Auszahlungsbetrag weniger als 80 Prozent des damals amtlichen Kurses betrug, waren nach dem Umrechnungsfaktor zehn Reichsmark zu zwei D-Mark zu ersetzen. Neu war auch, dass Säumniszuschläge, Verzugszinsen, Bankspesen und Vollstreckungskosten, die im Zusammenhang mit der Entrichtung von Sonderabgaben angefallen waren, erstattet wurden. Der Entschädigungsanspruch für Reichsfluchtsteuer, Dego-Abgabe, Heimeinkaufvertrag und Kosten im Zusammenhang mit deren Entrichtung blieben entschädigungsfähig, auch wenn sie teilweise durch Hingabe von Vermögensgegenständen entrichtet wurden, die der Rückerstattung unterlagen.
Überlieferung
Die Entschädigungsbehörde des Regierungspräsidenten Darmstadt übernahm bei der Zusammenlegung der drei hessischen Entschädigungsbehörden 1968 vielfach auch die Akten der zwischen 1946 und 1949 tätigen Betreuungsstellen für politisch, rassisch und religiös Verfolgte und nahm sie zu den Entschädigungsakten. Die Betreuungsakten von elf der 41 Betreuungsstellen gelangten in die Staatsarchive sowie das Institut für Stadtgeschichte Frankfurt mit 7.600 Akteneinheiten der Betreuungsstelle Frankfurt am Main.
Bei den drei Entschädigungsbehörden selbst fielen im Zusammenhang mit den Entschädigungsverfahren insgesamt rund 117.500 Akten an. Das Hessische Hauptstaatsarchiv übernimmt seit 1987 Akten von der Entschädigungsbehörde. Mit Ausnahme der Entschädigungsakten der meist aus Osteuropa stammenden und bald emigrierten DPs, die wegen des fehlenden Zusammenhangs mit dem Sammlungsauftrag des Hauptstaatsarchivs nur zu zehn Prozent im Original und ansonsten verfilmt archiviert werden sollen, wird die Entschädigungsbehörde sämtliche Akten, insgesamt voraussichtlich 80.000, an das Archiv abgeben. Naturgemäß können die Entschädigungsakten nur mittelbar Auskunft über Vorgänge der Verfolgung geben. Ihr Wert für die Erforschung dieses Themas besteht vor allem darin, dass hier eine quantitativ wesentlich breitere Quellengrundlage vorhanden ist als bei den äußerst lückenhaft überlieferten Akten aus der NS-Zeit. Zudem sind die Vorgänge in dieser Quellengattung in den gesamten biografischen und verfolgungsgeschichtlichen Zusammenhang eingebettet, was für die Einschätzung der Abläufe sicherlich hilfreich ist. Die Fälle betreffen antisemitisch Verfolgte, politische Regimegegner insbesondere Kommunisten und Sozialdemokraten, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Euthanasie- und Zwangssterilisationsopfer. Außerdem beziehen sich viele Anträge auf Schäden an Freiheit, Leben oder beruflichem Fortkommen.
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