Die Ausgliederung des Museums für heimische Vor- und Frühgeschichte aus dem Historischen Museum

Das Dominikanerkloster – hier eine Aufnahme vom Anfang der 1930er Jahre – war seit 1937 Sitz des neu gegründeten „Museums für heimische Vor- und Frühgeschichte“. Ausgestellt wurden Exponate, die bei den Ausgrabungen an den Hügelgräbern im Stadtwald und beim Bau der Römerstadt im Niddatal gefunden wurden.

Das Dominikanerkloster wurde durch mehrere Luftangriffe 1944 endgültige zerstört. Die Bestände und Kataloge des Museums haben durch eine rechtzeitige Auslagerung den Krieg überdauert.

Das heutige Archäologische Museum war bis 1937 Teil des Historischen Museums. Auch wenn bei der Ausgliederung als selbständiges Museum die der NS-Ideologie entsprechende Förderung germanischer Altertumskunde eine Rolle spielte, wurden bereits seit 1927 sachliche Gründe für eine Selbstständigkeit ins Feld geführt. Das neue Museum zeichnete sich daher nicht durch eine besondere ideologische Betonung des „Ahnenerbes“ aus, sondern erledigte seine Arbeit auf der Grundlage archäologischer Erkenntnisse.

 

Schon im 18. Jahrhundert besaß die Stadt Frankfurt am Main vor- und frühgeschichtliche Funde, die der Stadtbibliothek anvertraut waren. Weitere städtische prähistorische Gegenstände wurden von der wiederholt umbenannten Gesellschaft für Frankfurter Geschichte zusammengetragen. Ab 1878 fand dieses Sammlungsgut einen Platz im neu gegründeten Historischen Museum und wuchs stetig durch den Erwerb von Privatsammlungen und den allmählichen Ausbau einer städtischen Bodendenkmalpflege, insbesondere aus Grabungsbefunden der römischen Zivilsiedlung Nida in Heddernheim. Im Jahr 1903 wurde eine städtische Ausgrabungskommission gegründet. Auf Grundlage des preußischen Ausgrabungsgesetzes von 1914 wurde der Direktor des Historischen Museums staatlicher Vertrauensmann für die vorgeschichtlichen Funde im Stadtgebiet. Ab 1911 hatte Frankfurt mit Karl Woelcke einen eigenen Archäologen, der 1923 stellvertretender Vertrauensmann und nach dem Tod von Museumsdirektor Bernhard Müller 1927 Vertrauensmann wurde. Woelcke grub unter anderem von 1927 bis 1929 in Heddernheim und erhielt 1927 im Zuge der Neugliederung der Frankfurter Museumsbestände eine eigene vor- und frühgeschichtliche Abteilung, blieb aber weiterhin im Historischen Museum.

Nach 1933 führte das Interesse der neuen Machthaber am „germanischen“ Teil der Vor- und Frühgeschichte zur allmählichen Verselbstständigung von Woelckes Abteilung. Woelcke selbst trat nie der NDSAP bei. Er wurde zwar am 5. Juni 1945 aus dem städtischen Dienst entlassen, aber schon im August 1945 wurde festgestellt, dass er Opfer einer falschen Anschuldigung geworden war; wieder eingestellt wurde er jedoch erst im August 1947. In seinen populären Veröffentlichungen blieb Woelcke ein korrekt arbeitender Wissenschaftler und unterließ Anbiederungen an die Germanentümelei der Nationalsozialisten.

Ein 1934 vom Leiter der Ortsgruppe Heddernheim der NSDAP angeregtes und von Karl Maria Kaufmann in einer Denkschrift entwickeltes Projekt zur Errichtung eines „Ahnenerbemuseums“ in Heddernheim mit den Abteilungen Geologie, Germanische Vorzeit, Germanische Zeit und Heimatkunde wurde vom städtischen Kulturamt mit folgender Begründung zurückgewiesen: „... in Heddernheim stand die römische Zwingburg unserer Heimat, gerichtet gegen die Germanen. Es erscheint uns daher aus sittlichen Gründen dieser Ort als der unmöglichste für die Gründung eines deutschen Ahnenerbemuseums“.

Im Jahr 1935 zog Woelcke mit seiner Abteilung vom 1934 in „Stadtgeschichtliches Museum“ umbenannten Historischen Museum ins Dominikanerkloster um. Am 22. Juni 1937 wurde das Museum für heimische Vor- und Frühgeschichte eröffnet. Während des Zweiten Weltkrieges konnten Woelcke und seine Mitarbeiter ihre Museumsbestände und Teile der Registratur durch rechtzeitiges Auslagern weitgehend retten, während die Bibliothek und das Dominikanerkloster Opfer des Bombenkrieges wurden.

In der Nachkriegszeit führten 1948 Sparmaßnahmen gegen den Protest des Historischen Museums zur Pensionierung von Woelcke und zur Wiedereingliederung des Museums ins Historische Museum.
1952 erhielt das Museum für Vor- und Frühgeschichte seine Eigenständigkeit zurück. Ab 1953 war es im Holzhausenschlösschen untergebracht, 1988 bezog es unter der Bezeichnung Archäologisches Museum sein jetziges Domizil im Karmeliterkloster.

 

Literatur und Quellen

 

ISG, Bestand Museum für Vor- und Frühgeschichte (Rep. 793), mit Schriftgut ab 1926; gemeinsame Überlieferungen mit dem Historischen Museum in den Magistratsakten und im Bestand Kulturamt (meist nach 1945), Akten des Historischen Museums vor 1944 verbrannt.

ISG, Magistratsakten, 2.361 (Geschäftsführung des Historischen Museums, Projekt des Ahnenerbemuseums.

ISG, Personalakten, 19.801 (Personalakte von Dr. Karl Woelcke).

Das Museum für Vor- und Frühgeschichte, 3 Bände, Frankfurt 1937-1940, darin Ausgrabungs- und Fundberichte aus allen Bereichen der Arbeit der Bodendenkmalpflege auch aus römischer Zeit.

Walter Meier-Arendt, Zur Geschichte des Museums für Vor- und Frühgeschichte – Archäologisches Museum, in: Die Dauerausstellung (Archäologische Reihe, 12), Frankfurt, 1989, S. 4-8.

Das heutige Archäologische Museum war bis 1937 Teil des Historischen Museums. Auch wenn bei der Ausgliederung als selbständiges Museum die der NS-Ideologie entsprechende Förderung germanischer Altertumskunde eine Rolle spielte, wurden bereits seit 1927 sachliche Gründe für eine Selbstständigkeit ins Feld geführt. Das neue Museum zeichnete sich daher nicht durch eine besondere ideologische Betonung des „Ahnenerbes“ aus, sondern erledigte seine Arbeit auf der Grundlage archäologischer Erkenntnisse.



Autor/in: Konrad Schneider
erstellt am 01.01.2006
 

Verwandte Personen

Kaufmann, Karl


Woelcke, Karl

Verwandte Begriffe

Ahnenerbe

Verwandte Orte

Archäologisches Museum


Museum für heimische Vor- und Frühgeschichte

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