Paul Grünewald, der im Prozess gegen die aus der ZdA-Jugendgruppe hervorgegangene Widerstandsgruppe zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war, wird nach Verbüßung der Haft in das KZ Buchenwald eingeliefert.
Der im Januar 1935 im Prozess gegen die aus der Jugendgruppe des ZdA hervorgegangene Widerstandsgruppe verurteilte Paul Grünewald wurde 1936 aus dem Gefängnis in Preungesheim nach Zweibrücken im Saarland verlegt. Die Gestapo war überzeugt, dass Paul Grünewald eng mit der illegalen Bezirksleitung der KPD zusammengearbeitet hatte. Ein entsprechender Schutzhaftbefehl des Hauptamtes der Gestapo in Berlin, der die Einweisung in das KZ Buchenwald vorsah, wurde am 30. März 1938, eine Woche vor der Entlassung aus dem Gefängnis Zweibrücken ausgestellt.
Am Entlassungstag, dem 5. April 1938, verhaftete ihn die Gestapo und nach mehreren Wochen Haft im Frankfurter Polizeigefängnis bringt ein Transport am 18. Juni 1938 Paul Grünewald mit 33 weiteren Gefangenen in das KZ Buchenwald. In der Haft im Polizeigefängnis traf er einen tschechischen Abschiebehäftling, der in Buchenwald inhaftiert war. Die ausführlichen Erzählungen helfen, den üblichen Aufnahmeterror glimpflich zu überstehen. Der Kapo der Effektenkammer, ebenfalls ein politischer Häftling und Genosse, „testet“ ihn und sagt, er solle das erste Vierteljahr die Ohren steif halten, dann werde sich ein Weg finden, ihn aus dem Dreck zu holen. Abends bringen zwei Häftlinge, Genossen aus Frankfurt, Brot.
Nach einem Vierteljahr lebten von den 33 mit Paul Grünewald eingelieferten Häftlingen noch fünf, er selbst, der Politische, und vier Zeugen Jehovas, alle anderen waren tot, Opfer der mörderischen Arbeit im Steinbruch, der Schikanen, des Terrors, der schlechten Verpflegung. Der Tag dauerte von morgens 5 Uhr bis nachts 22 Uhr, davon im Schnitt höchstens insgesamt eine dreiviertel Stunde Pause. Paul Grünewald überlebte dank der Solidarität der Genossen 1939 eine schwere Erkrankung. Er magerte auf 76 Pfund ab. Er wurde Ambulanzschreiber und Sektionsgehilfe des Lagerarztes. Die beiden Kapos waren ebenfalls politische Gefangene und Genossen. Das Krankenrevier für Häftlinge wird zu einer Schaltstelle der illegalen Lagerorganisation.
Im Juni 1940 befragte der Lagerleiter Paul Grünewald zwei Stunden lang mit der Tendenz, ob Grünewald die Notwendigkeit des Nationalsozialismus und dessen riesiger Aufbauleistung inzwischen begriffen hätte. Grünewald antwortete ausweichend, er sei seit 1934 inhaftiert und müsse sich vor einem Urteil erst draußen überzeugen. Der Lagerleiter befürwortete seine Entlassung nicht und setzte die Wiederholung der Prüfung nach einem Vierteljahr an. Ende September lud der stellvertretende Lagerleiter Grünewald vor. Er stellte drei belanglose Fragen. Am 12. Oktober 1940 wurde Paul Grünewald beim Morgenappell zur Entlassung aufgerufen. Mit Hilfe des SS-Arztes, dem Paul Grünewald erzählte, er müsse noch wichtige Arbeiten abschließen, blieb er zwei Tage länger und lernte in dieser Zeit auswendig, was die Frankfurter Freunde ihn baten, in Frankfurt zu erledigen.
Die Prüfung der Entlassung Grünewalds war vom Hauptamt der Gestapo in Berlin veranlasst worden. Gertrud Liebig, die Verlobte Grünewalds, die ebenfalls zur Widerstandsgruppe des ZdA gehört hatte, hatte einen Termin bei Werner Best, dem Leiter des Hauptamtes erhalten. Der Vater Paul Grünewalds, der seit dessen Einlieferung in Buchenwald nach Möglichkeiten suchte, seinen Sohn herauszuholen, hatte den Weg gefunden. Best stammte aus Rheinhessen und über eine angeheiratete weitläufige Verwandtschaft mit einem Studienfreund Bests war der Termin möglich geworden. Die tränenreiche Geschichte, die Gertrud mit Hilfe der Familie und Freundinnen vor der Reise nach Berlin eingeübt hatte, wonach der Verlobte, den sie endlich heiraten wolle, ein verführter Jugendlicher gewesen sei und angesichts der Erfolge des Nationalsozialismus seit 1935 seine Einstellung längst geändert habe, beeindruckte Best. Gertrud Liebig hatte zudem blondes Haar und blaue Augen und entsprach dem „nordischen Rasseideal“ des Nationalsozialismus. Die SS-Männer im Reichssicherheitshauptamt pfiffen hinter ihr her.
Paul Grünewald, probeweise entlassen und ermahnt, nichts zu erzählen, fand bei seinen Eltern, die inzwischen in Oberursel wohnten, Unterkunft. Er suchte und fand die zu ihm passende Arbeitsstelle bei einer Firma mit amerikanischem Namen, die er aus der Zeit vor 1933 kannte. Der Chef war ein Däne. Hier stießen die fehlenden nationalsozialistischen Überzeugungen auf Sympathien. Vorteilhaft war auch, dass er als politischer Straftäter den „Ausschließungsschein“ besaß, der ihn als „wehrunwürdig“ abstempelte und die Einziehung zur Wehrmacht unwahrscheinlich machte.
Paul Grünewald, der im Prozess gegen die aus der ZdA-Jugendgruppe hervorgegangene Widerstandsgruppe zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war, wird nach Verbüßung der Haft in das KZ Buchenwald eingeliefert.