Stiftungen jüdischer Bürger Frankfurts für Bildung, Wissenschaft und Kunst – Übersicht und Geschichte nach 1933

Die Stiftungen jüdischer Bürger Frankfurts auf den Gebieten von Bildung und Wissenschaft wurden nach 1933 nach und nach aufgelöst, umbenannt oder in bestehende Stiftungen eingegliedert und auf nichtjüdische Empfänger beschränkt. Das Vermögen der meisten von ihnen fiel letzten Endes dem Deutschen Reich zu. Nur wenige Stiftungen wurden nach 1945 wiederbelebt.

Diese Übersicht zeigt, welche Entwicklung die zahlreichen Stiftungen jüdischer Bürger Frankfurts auf den Gebieten von Bildung und Erziehung, Wissenschaft und Kunst nach 1933 nahmen: Sie wurden aufgelöst, umbenannt oder in andere Stiftungen eingegliedert und ausschließlich für „deutsche Volksgenossen“ umgewidmet. Die meisten hatten ab 1939 ihre Erträge an den städtischen Beauftragten für die jüdische Wohlfahrtspflege abzuliefern oder für Zwecke der Auswandererfürsorge bereitzustellen; 1939/40 wurden sie dann in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, eine Zwangsorganisation der Gestapo, eingegliedert, die ihr Vermögen 1943 an das Reich abgeben musste. Einige Stiftungen kehrten nach 1945 durch Satzungs-, teilweise auch Namensänderung zur ursprünglichen Zweckbestimmung zurück; andere konnten wiederbelebt werden.

 

Die Übersicht ist gegliedert in Stiftungen für Erziehung, Unterricht und Ausbildung, für Bildung, Wissenschaft und Kunst sowie für die Universität. Nach 1945 als selbstständige Einrichtungen fortbestehende oder wiederbelebte Stiftungen sind durch Fettdruck gekennzeichnet.

 

Erziehung, Unterricht und Ausbildung

NameErrichtungZweckGeschichte nach 1933Adler’sche Stiftung1917Beihilfen zur beruflichen Ausbildung bedürftiger Töchter jüdischer Lehrer und GemeindebeamterWohl 1939 aufgelöstHans-Hermann Baerwald-Stiftung1910Ermöglichung des Besuchs der Musterschule durch einen würdigen und bedürftigen SchülerRestvermögen 1937 auf die Max Walter-Stiftung (Jubiläumsstiftung der Musterschule) übertragen; Stiftung 1953 aufgelöstErwin Beit von Speyer-Stiftung1915Stipendien zum Besuch des Goethe-GymnasiumsRestvermögen 1937 auf die Allgemeine Ausbildungsstiftung übertragenJoseph Bielefeld-Stiftung1730Gewährung von Ausbildungsbeihilfen, Vergabe eines Brautlegats1940 in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland eingegliedertSiegmund Brühl’sche Stiftung1864Beihilfen zur Erziehung und Ausbildung von begabten Waisenknaben, je zur Hälfte Juden und Christen1940 in die Pestalozzi-Stiftung (s.u.) eingegliedertHirsch Salomon Cahn’sche Stiftung1799Unterrichtszwecke, Aussteuern für hiesige Mädchen1939 von der Jüdischen Gemeinde verwaltet, danach wohl in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertJulius und Amalie Flersheim’sche Stiftung1863Erziehung und Ausbildung von Knaben aus der Israelitischen Gemeinde im Heim Ebersheimstr. 5Stiftung 1939 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedert; Heim 1941 vom städtischen Bauamt als Hilfskrankenhaus sichergestelltFlora Geisenheimer-Kann-Stiftung1922Unterstützung zur Ausbildung hilfsbedürftiger israelitischer Mädchen in gehobenen BerufenStiftungsmittel der Auswandererfürsorge zur Verfügung gestellt; 1939 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertIsaak und Berta Glazier-Stiftung1909Ausbildungsbeihilfen an bedürftige Israeliten beiderlei Geschlechts, bevorzugt an weibliche BewerberStiftungserträge an den städtischen Beauftragten für die jüdische Wohlfahrtspflege abgeliefert; 1939 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertB. H. Goldschmidt’sche Stipendienstiftung1856Unterstützung befähigter und würdiger junger Leute jüdischer Religion zur Vorbereitung und Ausbildung für einen wissenschaftlichen, technischen oder sonstigen Beruf, der eine akademische Ausbildung erforderteErträge der Auswandererfürsorge zur Verfügung gestellt; 1939 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertCaroline Goldschmidt’sche Stiftung1847Unterstützung israelitischer Glaubensgenossen, die ein Handwerk erlernt hatten, bei der Ausbildung zum Meister sowie von Handwerksmeistern bei ihrer Niederlassung und ersten Einrichtung1940 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertHayum Salomon Goldschmidt’sche Stiftung1819Unterstützung israelitischer Handwerker1941 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertLux Hahn-Stipendienstiftung1922Ermöglichung des Besuchs einer Hochschule für jüdische Jungen und Mädchen1939 Erträge der Auswandererfürsorge zur Verfügung gestellt; 1940 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertDavid und Emanuel Höchberg’sche Stiftung1871Bereitstellung von Freistellen und Lernmitteln für bedürftige Schüler des Philanthropins1940 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertErnst Michel Kahn’sche Stipendienstiftung1878Gewährung von Unterhalt, Erziehung und Unterricht an bedürftige Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ohne Unterschied des Glaubens1939 Erträge der Auswandererfürsorge zur Verfügung gestellt; 1943 in die Pestalozzi-Stiftung (s.u.) eingegliedert; 1956 endgültige Vermögensübertragung auf dieseRudolf Kann-Stiftung1922Unterstützung zur Ausbildung junger hilfsbedürftiger und unterstützungswürdiger Künstler und Künstlerinnen jüdischer Religion in der Malerei, der Bildhauerkunst oder der angewandten KunstStiftungserträge an den städtischen Beauftragten für die jüdische Wohlfahrtspflege abgeliefert; 1939 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertHermann und Louise Katz-Stiftung1929Gewährung von Unterhalt, Erziehung und Ausbildung für bedürftige Kinder und junge Leute; Unterstützung von Volksbildungseinrichtungen1940 in die Pestalozzi-Stiftung (s.u.) eingegliedertArthur und Emil Königswarter’sche Unterrichts- und Stipendienstiftung1873Unterstützung zur Ausbildung befähigter junger Leute, ohne Unterschied der Religion, in einem wissenschaftlichen, kaufmännischen oder technischen Beruf1939 in „Pestalozzi-Stiftung“ (s.u.) umbenanntBabette und Rebekka Löwenthal’sche Stipendienstiftung1897Bestreitung der Kosten für Erziehung und Ausbildung von bedürftigen und würdigen jungen Leuten jüdischer KonfessionStiftungserträge für die Auswandererfürsorge eingesetzt; 1939 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertLouis Mayer Maas’sche Stiftung1872Unterstützung armer jüdischer Schüler, Schülerinnen und Studierender durch Zahlung des Schulgeldes und durch Bereitstellung der LehrmittelStiftungserträge für die Auswandererfürsorge eingesetzt; 1939 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertLassar Mainz-Jeschiwa-Stiftung1928Beihilfen zur Förderung und Verbreitung des Thora-Wissens in der jüdischen Gemeinde1939 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedert; Liegenschaft Uhlandstraße 46 von der Reichsvereinigung 1943 an die Stadt Frankfurt verkauftJulius May’sche Stiftung1885Verbesserung und Erweiterung des Unterrichts und der Einrichtungen des Philanthropins; Gewährung von Stipendien an bedürftige israelitische KinderWohl 1942 aufgelöstDr. Leopold Odrell’sche Stipendienstiftung1884Gewährung von Stipendien zur Ausbildung unbemittelter junger Leute aus Frankfurt und Umgebung auf Universitäten für das juristische, medizinische, naturwissenschaftliche oder philologische Fach, auf Akademien für Maler, auf polytechnischen Anstalten und auf landwirtschaftlichen Schulen1940 in die Pestalozzi-Stiftung (s.u.) eingegliedertPestalozzi-Stiftung1939Beihilfen oder Darlehen zur Erziehung und Ausbildung von Söhnen und Töchtern Frankfurter Bürger an Frankfurter Lehranstalten oder bei Frankfurter Meistern1939 durch Umbenennung der Arthur und Emil Königswarter’schen Unterrichts- und Stipendienstiftung entstanden; danach Eingliederung von fünf weiteren Ausbildungsstiftungen (Dr. Leopold Odrell’sche Stipendienstiftung, Hermann und Louise Katz-Stiftung, Dora Trier’sche Stipendienstiftung, Freiherrlich Anselm Salomon von Rothschild’sche Stiftung zur Förderung des Kunstgewerbes, Siegmund Brühl’sche Stiftung); nach 1945 unter Hinzufügung des früheren Namens weitergeführtLöb Elias Reiss’sche Stiftung1782Förderung des Talmud-Studiums; Errichtung und Unterhaltung einer Synagoge und einer Studierklause im Stammhaus „Zum Schwan“ (bis 1882, ab 1887 Synagoge Hermesweg 27), Zahlung der Gehälter an die dafür einzustellenden Gelehrten, Zahlung von Lehrgeld an die Schüler; Unterstützung bedürftiger Verwandter des Stifters; Zahlung einer Mitgift an Verwandte, eventuell auch an nicht verwandte Bräute aus Frankfurt1939 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertFreifrau Adelheid Carl von Rothschild’sche Stipendienstiftung für israelitische Schülerinnen1854Bereitstellung von Schulgeld für bedürftige israelitische Mädchen1940 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertFreiherrlich Anselm Salomon von Rothschild’sche Stiftung zur Förderung des Kunstgewerbes1877Gewährung von Schulgeld, Reisegeld u. Ä. an junge Leute, die ein Kunstgewerbe erlernten, zu einem Drittel an jüdische Bewerber1940 in die Pestalozzi-Stiftung (s.o.) eingegliedertFreiherr Carl Mayer und Alexander von Rothschild’sche Stipendienstiftung1854Gewährung von Schulgeld an Bürgersöhne jüdischer Religion; Zahlung von Beihilfen zu den Kosten der Lernmittel und der Kleidungsstücke zum Schulbesuch1940 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertJosef Rütten’sche Stiftung1876Fortbildung der Lehrer am Philanthropin in Fremdsprachen durch AuslandsreisenSchicksal nach 1939 ungeklärtIgnatz Schuster und James Speyer-Stiftung1889Gewährung von Kleidern und Gebrauchsgegenständen an bedürftige Schüler und Schülerinnen der Frankfurter Bürgerschulen1950 in die Jugendfürsorgestiftung eingegliedertIgnatz und Anna Sichel-Stiftung1914Errichtung einer Erziehungsanstalt für jüdische Knaben1919 mit der Julius und Amalie Flersheim’schen Stiftung zusammengeschlossen; 1940 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedert; Heim (Ebersheimstr. 5) 1941 vom städtischen Bauamt als Hilfskrankenhaus sichergestelltArthur Sondheimer-Stiftung1906Unterstützung jüdischer hilfsbedürftiger junger Leute bis zum 23. Lebensjahr bei Aus- und Fortbildung nach der Schulzeit, insbesondere in kaufmännischen Berufen1941 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertDora Trier’sche Stipendienstiftung1902Beihilfen an sittsame, ledige oder verwitwete Personen weiblichen Geschlechts von 14 bis 25 Jahren ohne Unterschied der Konfession, die in Frankfurt oder in der Provinz Starkenburg des Großherzogtums Hessen wohnten und die sich als Erzieherinnen, Handlungs- oder Gewerbegehilfinnen oder in Haushaltskenntnissen ausbilden wollten1939 „umgestellt auf deutsche Volksgenossen“; 1940 in die Pestalozzi-Stiftung (s.o.) eingegliedertJoseph und Clara Trier’sche Stiftung1879Unterstützung bedürftiger Frauen und Mädchen ohne Unterschied der Konfession bei der Ausbildung in gewerblicher, wissenschaftlicher oder künstlerischer Hinsicht, unter Bevorzugung von Verwandten1944 in die Palmsonntag-Stiftung eingegliedertZacharias Wertheimber-Stiftung1888Wiedererrichtung und Dotierung der 1680 in der Judengasse gegründeten Klaus-Synagoge in der Ostendstraße 15; Erteilung unentgeltlichen Unterrichts an unbemittelte jüdische Kinder in jüdischer Religion und hebräischer Sprache1938 Verkauf des Grundstücks Ostendstraße 15 an Privatleute; 1939 Stiftung in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedert

 

Bildung, Wissenschaft und Kunst

NameErrichtungZweckGeschichte nach 1933Dr. med. Ernst Asch-Stiftung1921Soziale, geistige und künstlerische Zwecke1938 umbenannt in „Frankfurter Beihilfe-Stiftung“, 1942 in „Kulturbeihilfe-Stiftung“; 1946 Wiederherstellung des alten Namens; 1949 in die 1912 errichtete Heussenstamm-Stiftung eingegliedertJulius Heymann-Stiftung1925Julius Heymann vermachte 1925 testamentarisch der Stadt Frankfurt seine Sammlung kunstgewerblicher und kunsthistorischer Gegenstände. Sie sollte in seinem Hause Palmstraße 16 aufbewahrt werden, seine Tochter sollte eine Rente und freie Wohnung erhalten und die Palmstraße in Julius-Heymann-Straße umbenannt werden.Die Julius-Heymann-Straße wurde 1938 in Palmstraße rückbenannt. Erst 1948 wurde der Straßenname wiederhergestellt. Das Wohnhaus des Stifters in der Palmstraße 16 wurde 1944 zerstört.Dr. Julius Höxter-Stiftung Auszeichnung von wissenschaftlichen und methodischen Arbeiten, Lehrbüchern und Lehrmitteln; Vergütung wertvoller Aufsätze1943 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertInstitut für Gemeinwohl GmbH1890Schaffung und Erhaltung von dem Gemeinwohl auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiet dienenden Einrichtungen; Anregung oder Durchführung wissenschaftlicher Forschungen auf diesem Gebiet; Förderung von Einrichtungen der wissenschaftlichen LehreDer Gründer Wilhelm Merton hatte schon um 1900 30% der Geschäftsanteile der Stadt Frankfurt geschenkt. 1937 forderte Oberbürgermeister Krebs die Auflösung des Instituts. Richard Merton, Sohn des Gründers, übertrug daraufhin seine Geschäftsanteile an seine Stiefsöhne, die Prinzen zu Sayn-Wittgenstein. Nach Richard Mertons Ausbürgerung 1943 hielt die Stadt sämtliche Anteile. 1948 erhielt Richard Merton seine Anteile zurück, die heute wieder bei der Familie Sayn-Wittgenstein liegen.Von den Einzeleinrichtungen des Instituts für Gemeinwohl wurde das Institut für Gewerbehygiene 1934 in „Deutsche Gesellschaft für Arbeitsschutz“ umbenannt; 1948 nahm es seine Tätigkeit wieder auf. Die Centrale für private Fürsorge wurde 1937 aufgelöst. 1994 errichtete das Institut für Sozialarbeit e.V. eine neue Stiftung Centrale für private Fürsorge zur Förderung gemeinnütziger oder mildtätiger Einrichtungen, die u.a. Personen dienen, die infolge ihres geistigen, körperlichen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Die Metallgesellschaft AG errichtete 1982 eine Wilhelm Merton-Stiftung zur Unterstützung wirtschaftswissenschaftlicher Forschung und Lehre, insbesondere zur Mitfinanzierung einer Stiftungsprofessur für Ökonomie des Welthandels.Moses Jachiel Kirchheim’sche Stiftung1876Unterstützung israelitischer Glaubensgenossen durch Aussteuer für Mädchen, Stipendien zum Schulunterricht an Kinder und GeldbeihilfenStiftungserträge an den städtischen Beauftragten für die jüdische Wohlfahrtspflege abgeliefert; 1939 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedert; 1951 wiederbelebt; 1975 Wiederaufnahme der eigentlichen Tätigkeit. Heutiger Stiftungszweck: Unterstützung aller Bestrebungen zur Förderung der Tradition der alten Israelitischen Gemeinde in Frankfurt sowie die Förderung historischer und wissenschaftlicher Arbeiten in diesem Zusammenhang; Beihilfen zur Erhaltung historischer Stätten aus der jüdischen Vergangenheit FrankfurtsAlbert Linel-Stiftung1916Errichtung eines Linel-Museums für die kunstgewerbliche Sammlung des Stifters; Erhaltung und Erweiterung der Sammlung1940 in „Stiftung für Buch- und Schriftkunst“ umbenannt; 1949 mit der Ludwig Pfungst-Museumsstiftung vereinigtMichael Linel-Sammlung1892Stiftung einer kunstgewerblichen Sammlung an die Stadt Frankfurt1949 zusammen mit der Albert Linel-Stiftung in die Ludwig Pfungst-Museumsstiftung eingegliedertDr. Arthur Pfungst-Stiftung1918Eigentümerin der Firma Naxos-Union, deren Erträge für wohltätige Zwecke verwendet werden solltenDie Schwester des Namensgebers, Marie Pfungst, wurde 1935 aus dem Vorstand der Stiftung und der Geschäftsleitung der Naxos-Union verdrängt. 1939 wurde die Stiftung in „Frankfurter Stiftung für geistige Förderung“, danach in „Waldschmidt-Stiftung“ umbenannt. Marie Pfungst starb 1943 im Ghetto Theresienstadt. Nach 1945 wurde der alte Stiftungsname wiederhergestellt. Die Stiftung bezweckte fortan die Förderung des geistigen Lebens und die Verbreitung und Vertiefung der Bildung unter allen Volksschichten, u.a. durch die Gewährung von Ausbildungsbeihilfen. Weitere Stiftungstätigkeiten nach 1945 waren die Unterhaltung und der weitere Aufbau einer technisch-wissenschaftlichen öffentlichen Bibliothek, die Unterhaltung eines Kindergartens für die Kinder berufstätiger Mütter und die Unterhaltung eines nach Marie Pfungst benannten Altenwohnheims in Bad Homburg.Ludwig Pfungst-Museumsstiftung1907Anschaffung von Werken lebender Künstler und deren Ausstellung in den öffentlichen Sammlungen der Stadt1939 in „Stiftung für bildende Kunst“ umbenannt; 1947 Wiederherstellung des früheren Stiftungsnamens; 1949 Eingliederung der Albert Linel-Stiftung, der Michael Linel-Sammlung und der Julius Töplitz und Betty Hensen-StiftungGabriel Riesser-Stiftung1870Vergabe von Stipendien an jüdische Studierende ohne Unterschied der Nationalität und des Wohnsitzes, die deutsche Universitäten oder sonstige höhere deutsche Lehranstalten besuchtenStiftungserträge für die Auswandererfürsorge eingesetzt; 1939 in die Reichsvereinigung der Juden eingegliedertStiftung „Chemotherapeutisches Forschungsinstitut Georg Speyer-Haus zu Frankfurt am Main“1906Förderung wissenschaftlicher Forschungen auf dem Gebiet der chemotherapeutischen und der verwandten Wissenschaften zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten und des KrebsesIn der NS-Zeit umbenannt in „Forschungsinstitut für Chemotherapie“; nach 1945 Wiederherstellung des alten NamensJakob S. H. Stern-Stiftung1906Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Geschichte der Stadt Frankfurt unter besonderer Berücksichtigung der Wirtschaftsgeschichte und der Geschichte der jüdischen BevölkerungRestvermögen 1935 auf den Ausschuss zur Erforschung der Vergangenheit von Frankfurt am Main übertragenJulius Töplitz und Betty Hensen-Stiftung1917Volksbildungszwecke, Universität und Kriegshinterbliebene1928 Beschränkung auf Zwecke der Volksbildung; 1940 Umbenennung in „Stiftung für Bildungswesen“; 1949 Eingliederung in die Ludwig Pfungst-Museumsstiftung

 

Universitätsstiftungen

NameErrichtungZweckGeschichte nach 1933Dr. Hermann Baerwald-Preisstiftung1928Preis für besonders wertvolle Arbeiten auf dem Gebiet der mittelalterlichen und neueren GeschichteNach 1945 mit drei weiteren Stiftungen zur „Preisstiftung der Johann Wolfgang Goethe-Universität“ (s.u.) vereinigtLucie Beit von Speyer-Stiftung1911Förderung der wissenschaftlichen Lehre und Forschung an der Frankfurter Universität1939 mit anderen Stiftungen zur „Frankfurter Universitätsstiftung“ vereinigtDr. Ludwig Braunfels-Stiftung1902Beschaffung und Ergänzung einer Bücher- und Zeitschriftensammlung auf dem Gebiet der romanischen Philologie unter besonderer Berücksichtigung des Spanischen1939 in die Dr. Adolf Varrentrapp-Stiftung, 1949 mit dieser in die Carl Christian Jügel-Stiftung eingegliedertOtto und Ida Braunfels-Stiftung1910Förderung der Wissenschaft und des höheren wissenschaftlichen Unterrichts im Bereich der philosophischen und medizinischen Fakultät der Universität Frankfurt1939 in die Frankfurter Hochschulstiftung, die frühere Georg Speyer-Stiftung, eingegliedertHenry und Emma Budge-Stiftung für die Universität1912Förderung der Lehr- und Forschungstätigkeit an der Frankfurter Universität1939 in die Dr. Adolf Varrentrapp-Stiftung, 1949 mit dieser in die Carl Christian Jügel-Stiftung eingegliedertEmil Cohnstaedt-Stiftung1916Preise für Arbeiten, die von der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Frankfurt ausgeschrieben wurden, und für Arbeiten auf dem Gebiet der Physik1940 in „Preisstiftung für Arbeiten auf dem Gebiet der Physik“ umbenannt; alter Name 1945 wiederhergestellt; später in die Preisstiftung der Johann Wolfgang Goethe-Universität (s.u.) eingegliedertLudwig Edinger-Stiftung1917Unterhaltung des von dem Stifter eingerichteten Neurologischen Instituts der Universität Frankfurt1939 in „Stiftung für Neurologie“ umbenannt; 1947 rückbenanntPaul Ehrlich-Stiftung1929Auszeichnung in- und ausländischer Wissenschaftler, die sich auf den von Paul Ehrlich bearbeiteten Gebieten, insbesondere der experimentellen und Chemotherapie, der Blutforschung, der klinischen Bakteriologie, der Immunitätslehre und der Krebsforschung in hervorragender Weise betätigt haben; Stipendien zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf den genannten GebietenÜbergang des Vermögens auf die Vereinigung von Freunden und Förderern der Johann Wolfgang Goethe-Universität e.V.; die Stiftung verleiht den „Paul Ehrlich-Preis“, der 1952 mit dem „Ludwig Darmstädter-Preis“ vereinigt wurdeRobert Flersheim-Stiftung1912Förderung der wissenschaftlichen Forschung und Lehre an der Universität Frankfurt1941 in die Frankfurter Universitätsstiftung eingegliedertLeo Gans-Stiftung1912Förderung der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Frankfurt1940 in die Frankfurter Universitätsstiftung eingegliedertInstitut für Sozialforschung1923Entwicklung der Sozialforschung durch Förderung von Forschung und Lehre sowie Planung und Durchführung von Forschungsprojekten1933 geschlossen; Fortsetzung der Arbeit in den USA; nach der Rückkehr von Max Horkheimer, Theodor Adorno, Friedrich Pollock u.a. Neubegründung 1950Robert Koch’sche Medizinische Stiftung1909Förderung medizinisch-wissenschaftlicher Studien in Frankfurt; Unterstützung des Biologischen VereinsEine Namensänderung unterblieb durch Umwidmung vom Namen des Stifters auf den gleichnamigen Bakteriologen. 1951 aufgelöst, Übertragung des Restvermögens auf den Biologischen VereinStiftung für Kolloidforschung (Neubürger-Bechhold-Stiftung)1904Unterstützung des von der Stiftung betriebenen Instituts1939 in „Stiftung für Kolloidforschung“ umbenannt; 1976 wegen fehlendem Vermögen aufgelöstEduard und Alice Marx-Stiftung1932Förderung des Bibliothekswesens an der Universität Frankfurt1939 Abberufung des jüdischen Vorstandsmitglieds Robert Goldschmidt; nach einer Zeit der Rücksichtnahme auf ausländische Verwandte der Stifter Umbenennung in „Universitätsbibliotheks-Stiftung“; 1946 RückbenennungAdolf Merton-Institut1916Errichtung eines ordentlichen Lehrstuhls für Pädagogik und eines damit verbundenen Seminars1941 in die Frankfurter Universitätsstiftung eingegliedertKatharina und Moritz Oppenheim’sche Universitätsstiftung1912Errichtung eines ordentlichen Lehrstuhls für exakte Naturwissenschaft an der Frankfurter Universität1939 aufgelöst, Übertragung des Vermögens auf die Dr. Adolf Varrentrapp-Stiftung; 1949 mit dieser in die Carl Christian Jügel-Stiftung eingegliedertOswalt-Stiftung1921Förderung von Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der physikalischen Grundlagen der Medizin, insbesondere auf dem Gebiet der Strahlenphysik und ihrer Anwendung zur Behandlung schwerer organischer Leiden, z.B. des KrebsesIn der NS-Zeit führte die Stiftung den Namen des von ihr geförderten Universitäts-Instituts für physikalische Grundlagen der Medizin, heute Max-Planck-Institut für Biophysik.Preisstiftung der Johann Wolfgang Goethe-Universität Gewährung von Preisen für besonders hervorragende ForschungsarbeitenEntstanden durch Zusammenschluss der Preisstiftung des Instituts für Gemeinwohl, der Emil Cohnstaedt-Stiftung, der Dr. Hermann Baerwald-Preisstiftung und der Ladenburg-Stiftung. Die Preisstiftung des Instituts für Gemeinwohl prämiiert jährlich abwechselnd Arbeiten auf den Forschungsgebieten der philosophischen Fakultät und der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät. Die Emil Cohnstaedt-Stiftung gewährt Preise für Arbeiten auf dem Gebiet der Physik, die Dr. Hermann Baerwald-Preisstiftung für solche auf dem Gebiet der mittelalterlichen und neueren Geschichte. Die Ladenburg-Stiftung prämiiert jährlich abwechselnd Arbeiten auf dem Gebiet der anorganischen Chemie oder geschichtliche und wirtschaftswissenschaftliche Arbeiten.Jakob H. Schiff-Stiftung1912/1922Errichtung eines ordentlichen Lehrstuhl für Semitistik1939 aufgelöst, Übertragung des Vermögens auf die Dr. Adolf Varrentrapp-Stiftung; 1949 mit dieser in die Carl Christian Jügel-Stiftung eingegliedertGeorg und Franziska Speyer’sche Studienstiftung1901Pflege der Wissenschaft und des höheren wissenschaftlichen Unterrichts in Frankfurt; Förderung von technologischen Vorlesungen des Physikalischen Vereins und Einrichtung je eines Lehrstuhls für Geographie und für neuere Sprachen an der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften1938 aufgelöst. Der Vermögensanteil, der laut Satzung der Israelitischen Gemeinde zufallen sollte, wurde der Universität zugesprochen; das übrige Vermögen erhielt wohl die Dr. Adolf Varrentrapp-Stiftung. 1952 wurde die Stiftung wiederbelebt, da der Auflösungsbeschluss nicht rechtmäßig zustande gekommen war. Sie wurde unter dem Namen „Georg und Franziska Speyer’sche Hochschulstiftung“ mit der Frankfurter Hochschul-Stiftung vereinigt, der ehemaligen Georg Speyer-Stiftung, der die Otto und Ida Braunfels-Stiftung und die Dr. Karl Sulzbach-Stiftung eingegliedert worden waren.Georg Speyer-Stiftung1907Förderung der Wissenschaft und des höheren wissenschaftlichen Unterrichts an der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften bzw. der an deren Stelle tretenden wissenschaftlichen Anstalt in Frankfurt (der späteren Johann Wolfgang Goethe-Universität)1938 legte Herbert Beit von Speyer unter Druck sein Vorstandsamt nieder. 1940 wurde die Stiftung in „Frankfurter Hochschul-Stiftung“ umbenanntTheodor Stern’sches medizinisches Institut1901Errichtung eines Institutsgebäudes auf dem Gelände des Krankenhauses1939 in „Stiftung zur Förderung der physiologischen Forschung“ umbenannt; 1949 in die Carl Christian Jügel-Stiftung eingegliedertDr. Karl Sulzbach-Stiftung1912Förderung der Wissenschaft an der Universität Frankfurt in den Fachbereichen Geschichte, Literatur, Rechtswissenschaften, Nationalökonomie und Soziologie1940 in die Frankfurter Hochschul-Stiftung, die ehemalige Georg Speyer-Stiftung, eingegliedertDr. Arthur von Weinberg-Stiftung1909Förderung der Forschung und Lehrtätigkeit auf den Gebieten der Chemie und der Physik und verwandter Zweige der Wissenschaft einschließlich der Mathematik an den akademischen Instituten Frankfurts1939 in „Stiftung zur Förderung der naturwissenschaftlichen Forschung“ umbenannt; 1946 Wiederherstellung des alten Namens; 1949 in die Carl Christian Jügel-Stiftung eingegliedertJulius Wertheimber-Stiftung1911Zwecke der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften oder der an ihre Stelle tretenden Anstalt (der späteren Johann Wolfgang Goethe-Universität)1939 in die Dr. Adolf Varrentrapp-Stiftung, 1949 mit dieser in die Carl Christian Jügel-Stiftung eingegliedert

 

Literatur:

Jüdische Stiftungen in Frankfurt am Main. Stiftungen, Schenkungen, Organisationen und Vereine mit Kurzbiographien jüdischer Bürger, dargestellt von Gerhard Schiebler. Hg. von Arno Lustiger im Auftrag der M. J. Kirchheim’schen Stiftung in Frankfurt am Main. Frankfurt am Main 1988

Gutes stiften – Gutes schaffen. Wegweiser zu Frankfurter Stiftungen. Hg. vom Arbeitskreis „Initiative Frankfurter Stiftungen“. Frankfurt am Main 1996

Bruno Müller: Stiftungen für Frankfurt am Main. Frankfurt am Main 1958

Paul Kluke: Die Stiftungsuniversität Frankfurt am Main 1914–1932. Frankfurt am Main 1972

Dokumente zur Geschichte der Frankfurter Juden 1933–1945. Hg. von der Kommission zur Erforschung der Geschichte der Frankfurter Juden. Bearb. von Dietrich Andernacht und Eleonore Sterling. Frankfurt am Main 1963. S. 118–162

Die Stiftungen jüdischer Bürger Frankfurts auf den Gebieten von Bildung und Wissenschaft wurden nach 1933 nach und nach aufgelöst, umbenannt oder in bestehende Stiftungen eingegliedert und auf nichtjüdische Empfänger beschränkt. Das Vermögen der meisten von ihnen fiel letzten Endes dem Deutschen Reich zu. Nur wenige Stiftungen wurden nach 1945 wiederbelebt.



Autor/in: Michael Lenarz
erstellt am 24.08.2003
 

Verwandte Personen

Merton, Richard


Merton, Wilhelm


Pfungst, Marie

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