Christliche Wissenschaft (Christian Science)

Verfolgung und Verbot der Christlichen Wissenschaft (Christian Science)

Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter (Christliche Wissenschaft/Christian Science) bestand schon vor dem Ersten Weltkrieg in Frankfurt am Main. Kirchenraum und Lesesaal befanden sich bis Mitte 1939 im Gebäude der Börse, dann in der Bethmannstraße 52. Obwohl bis dahin bereits eine Reihe religiöser Gemeinschaften verboten worden waren, sah sich die Christliche Wissenschaft nicht von einem Verbot bedroht. Offenbar rechnete der SD die Christliche Wissenschaft zu den „harmlosen Sekten“, an deren Bestand man interessiert war, um das religiös motivierte Widerstandspotential in seiner Zersplitterung zu belassen. Weil die nationalen Zweigkirchen der Christlichen Wissenschafter stark von der Mutterkirche in Boston abhängig sind, spielte sicher auch ein außenpolitisches Kalkül gegenüber den Vereinigten Staaten eine Rolle. Bei der Suche nach neuen Räumlichkeiten erhielt die Christliche Wissenschaft zunächst die Unterstützung des nationalsozialistischen Oberbürgermeisters. Nach Hinweisen aus Berlin, dass der Druck auf die Christliche Wissenschaft erhöht werden wird, zog Friedrich Krebs seine schützende Hand zurück. Ob die neuen Räumlichkeiten in der Bethmannstraße noch mit seiner Unterstützung gefunden wurden, ist nicht mehr feststellbar.

Die Christliche Wissenschaft blieb bis zu ihrem Verbot 1941 in Frankfurt am Main recht unbehelligt, während es 1935 andernorts Observationen durch die Gestapo und den SD gab, und 1937 vorübergehend das christlich-wissenschaftliche Schrifttum verboten wurde. Die Politik des NS-Regimes gegenüber kleineren religiösen Gemeinschaften war recht uneinheitlich. Bis zum Kriegsbeginn wurden beinahe jährlich Gemeinschaften verboten oder die Betätigung eingeschränkt. Der Kriegsbeginn hatte keinen unmittelbaren Einfluss auf die Lage der kleineren religiösen Gruppen. Mit dem Wechsel der Zuständigkeit für die Überwachung der Kirchen und Religionsgemeinschaften vom SD an die Gestapo im Frühjahr 1941, wuchs der Einfluss der „operativen“ Kräfte und erklärten Kirchengegner wie Martin Bormann. Heydrich verfügte am 4. Juni 1941 Maßnahmen gegen „okkulte“ Lehren, darunter wurde auch die Christliche Wissenschaft verstanden. Am 9. Juni 1941 untersuchte die Polizei die Räume der Christlichen Wissenschaft und verfügte die Schließung der Kirche und des Lesesaals. Das offizielle Verbot folgte erst am 14. Juli 1941. Vorstandsmitglieder und „Ausüber“ der Christlichen Wissenschaft wurden verhaftet, mindestens zwei wurden wegen „Gesundbetens“ zu Gefängnisstrafen verurteilt. In den Räumlichkeiten brachte man später Zwangsarbeiter unter.

Verfolgung und Verbot der Christlichen Wissenschaft (Christian Science)



Autor/in: Lutz Becht
erstellt am 21.08.2003
 

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