Ein unrealisiertes Projekt: Das „Haus des deutschen Handwerks“

Nachdem Frankfurt 1935 den Titel „Stadt des deutschen Handwerks“ erhalten hatte, begann eine später nicht umgesetzte Planung für das „Haus des deutschen Handwerks“. Der Entwurf des Architekten sah eine monumentale Flügelanlage am nördlichen Mainufer nahe der Friedensbrücke vor, die als Versammlungs- und Tagungszentrum für das deutsche Handwerk dienen sollte.

 

„Mit der Neugestaltung wurde Professor Clemens Klotz beauftragt, und schon heute ist das nach seinen Entwürfen gebaute Modell dieses wuchtigen Bauwerks fertiggestellt, das die Würde und den Wert des aus jahrelanger schwerere Bedrückung im Dritten Reich kraftvoll wiedererstandenen deutschen Handwerks verkörpern soll.“ (Ewald Bender, Mai 1937)

Nach dem Willen der politisch Verantwortlichen sollte das angestrebte und 1935 von Adolf Hitler verliehene programmatische Etikett „Stadt des deutschen Handwerks“ in der Frankfurter Stadtgesellschaft verankert werden: etwa durch Veranstaltungen, die Gründung von Instituten und die Errichtung dominanter Prestigebauten. Als einen solchen „an hervorragender Stelle der Stadt zu errichtenden Bau“ pries Oberbürgermeister Friedrich Krebs 1937 das geplante „Haus des deutschen Handwerks“. Es sollte zum repräsentativen Sitz der Hauptverwaltung für das gesamte deutsche Handwerk avancieren und auch ein Museum sowie Schulungs- und Tagungsräume beherbergen.

 

Gigantomanie am Main

 

Entwurf und Modell für das „Haus des deutschen Handwerks“ legte der Kölner Architekt Clemens Klotz (1886-1969) vor. Klotz, der vermutlich aufgrund persönlicher Beziehungen zu Reichsarbeitsführer Robert Ley die Titel „beauftragter Architekt der Reichsleitung für die Errichtung der Schulungsbauten der NSDAP und der DAF“ sowie „Vertrauensarchitekt der DAF“ erhalten hatte, realisierte während der NS-Zeit unter vielen anderen Projekten das „KdF“-Seebad Prora auf Rügen sowie die Ordensburgen Vogelsang und Crössinsee. Die Konzeptionen für eine „Hohe Schule der NSDAP“ am östlichen Chiemsee-Ufer wie auch das Frankfurter „Haus des deutschen Handwerks“ blieben jedoch unausgeführt.

 

Hintersinnig wählte die Stadtverwaltung als künftigen Standort für das Projekt das dicht bebaute Areal am nördlichen Mainufer zwischen Hermann-Göring-Ufer (nach 1945 wieder Untermainkai) und Gutleutstraße aus. Weitere Bauten, etwa ein „Haus der DAF“ oder das „Haus der NSDAP“ sollten ebenfalls auf dem Areal Platz finden. Insgesamt erstreckte sich das ins Visier genommene Quartier von der heutigen Untermain- (damals Adolf-Hitler-Brücke) bis zur Friedensbrücke (damals Wilhelm-Brücke). Das Vorhaben hätte somit einen tiefgreifenden stadtplanerischen Eingriff in gewachsene bauliche und verkehrstechnische Strukturen bedeutet.

 

Besonders wichtig war die Symbolkraft dieses Neugestaltungskalküls. Denn dort legten bislang mit dem Palais Rothschild und dem Gewerkschaftshaus zwei stadtgeschichtlich bedeutsame Architekturen steinernes Zeugnis ab von der Emanzipation der Frankfurter Juden und der Tradition demokratischer Mitbestimmung; Entwicklungen, die der antisemitisch-diktatorisch verfasste NS-Staat getilgt wissen wollte. Das zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach Plänen von Stadtbaumeister Christian Hess errichtete Palais Rothschild sowie das seit 1933 von der Deutschen Arbeitsfront besetzte Gewerkschaftshaus des Architekten Max Taut – inzwischen hieß es „Haus der Arbeit“, wären bei einer Realisierung des Klotzschen Monumentalentwurfs niedergelegt worden.

 

Für das „Haus des deutschen Handwerks“ plante der Architekt auf rechteckigem Grundriss eine in der Höhe gestaffelte Gebäudeanordnung. Die schlossartige Flügelanlage sollte sich zum nördlichen Mainufer hin öffnen. Zwischen den Seitentrakten und hinter dem monumentalen Querriegel war eine mächtige hohe Rotunde als Zentrum des Entwurfs eingepasst: die mit einem Glasdach versehene „Ehrenhalle des Deutschen Handwerks“. Sie hätte Platz für etwa 3.000 Personen geboten. Ein gigantischer Hof sowie größere Innenfreiflächen im hinteren Teil der Anlage waren für Aufmärsche und Kundgebungen der Handwerker vorgesehen. Mit einem freistehenden Glockenturm westlich der Uferfront setzte Klotz eine Richtlinie für die Gestaltung nationalsozialistischer Gauzentren um.

 

Zum 13. März 1943 legte Oberbürgermeister Friedrich Krebs anlässlich seines zehnjährigen Amtsjubiläums einen umfassenden Rechenschaftsbericht ab. Darin ging das Stadtoberhaupt selbstverständlich auch auf die Förderung des Handwerks und der Handwerkerschaft ein. Die Planungen von Clemens Klotz indes erwähnte er mit keinem Wort. Vermutlich hatten Kriegsbeginn und interne Parteistreitigkeiten das protzige Prestigevorhaben vereitelt.

 

Literatur

 

Ewald Bender, Das Haus des Deutschen Handwerks in Frankfurt a. Main, in: Zentralblatt der Bauverwaltung, 57. Jg., Heft 21, 26. Mai 1937, S. 515-518.

Heike Drummer, Stadt des deutschen Handwerks, in: Lothar Gall (Hg.), FFM 1200. Traditionen und Perspektiven einer Stadt, Sigmaringen 1994, S. 323.

Petra Leser, Der Kölner Architekt Clemens Klotz (1886-1969), Köln 1991, besonders S. 247-249, 495.

Nachdem Frankfurt 1935 den Titel „Stadt des deutschen Handwerks“ erhalten hatte, begann eine später nicht umgesetzte Planung für das „Haus des deutschen Handwerks“. Der Entwurf des Architekten sah eine monumentale Flügelanlage am nördlichen Mainufer nahe der Friedensbrücke vor, die als Versammlungs- und Tagungszentrum für das deutsche Handwerk dienen sollte.



Autor/in: Heike Drummer / Jutta Zwilling
erstellt am 01.01.2011
 

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Krebs, Friedrich

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