Mit einer Verfügung gegen Beamte und Angestellte jüdischen Glaubens wenige Tage vor dem „Tag des organisierten Boykotts“ am 1. April 1933 beginnt die systematische Entfernung städtischer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus politischen und „rassischen“ Beweggründen.
Zusätzlich zum Ausschluss städtischer Mitarbeiter jüdischen Bekenntnisses, verbot die Verfügung des kommissarischen Oberbürgermeisters Ende März 1933 weitere Geschäftsbeziehungen der Stadt zu „jüdischen“ Geschäften und Firmen. Notwendiger Ersatz sollte unter Beteiligung nationalsozialistischer Organisationen vorläufig „ehrenamtlich“ eingestellt werden. Die Verfügung war in ihrer Zielsetzung eindeutig, in ihrer Formulierung indes kompliziert, weil sie geltendes Recht zu beachten hatte. So berief sie sich auf die Preussische Sparverordnung vom September 1931, die Kündigungen und Beurlaubungen zum Zwecke der Ersparnis an Personalausgaben ermöglich hatte. Am 13. April 1933 teilte der Personaldezernent dem Oberbürgermeister die Beurlaubung oder Kündigung von „81 Juden“ mit.
Einen Tag nach dem Ausschluss städtischer Mitarbeiter jüdischen Bekenntnisses und der Aufforderung des Personaldezernenten an die Dienststellen, Listen mit den Namen jüdischer Mitarbeiter zu übersenden, wandte sich Max Neisser als Direktor des städtischen Instituts für Hygiene mit einer Erklärung an den Personaldezernenten, in der er mitteilt, er sei „der Rasse nach Volljude“ und dem Bekenntnis nach „protestantisch“. „In erster Linie“ sei er allerdings „Deutscher“ und lasse sich dies von niemandem bestreiten. Neisser fiel nach ihrem Wortlaut nicht unter die Verfügung, weil sie sich gegen Beamte und Angestellte mit jüdischer Religion richtete. Wie für die meisten zeitgenössischen Mediziner war für ihn Rassenkunde eine wissenschaftlich seriöse Disziplin, soweit sie sich auf die Klärung humanbiologischer Phänomene beschränkte. Unter Verweis auf die Propaganda, die den Tag des organisierten Boykotts vorbereitete und deren Rassismus, erklärte er sich unter die Verfügung fallend. Neisser hatte die Verfügung nicht falsch verstanden. Die tiefe Kränkung durch den nationalsozialistischen Rassismus beantwortete er mit der Bitte um sofortige Beurlaubung. Seine Professur an der Universität behielt er auf Grund des Frontkämpferparagrafen bis 1936.
Der Oberbürgermeister erhielt als Vorsitzender des Kuratoriums der Johann Wolfgang Goethe-Universität Mitkenntnis der vom Preussischen Minister für Kunst, Wissenschaft und Volksbildung gegen Dozentinnen und Dozenten der Universität verfügten Säuberungen. Emmy Klieneberger Nobel, die als Bakteriologin am Städtischen Hygiene-Institut arbeitete, hatte sich 1930 an der Universität habilitiert. Ihr Hauptarbeitsgebiet waren Bakteriophagen (Bakterienfresser), benannt nach der rätselhaften Zerstörung von Bakterienkulturen, als deren Verursacher erst in den späteren dreißiger Jahren die Viren dank der Erfindung des Elektronenmikroskops erkannt werden konnten. Auch ihr Abteilungsleiter Hugo Braun wurde als Jude entlassen.
Mit einer Verfügung gegen Beamte und Angestellte jüdischen Glaubens wenige Tage vor dem „Tag des organisierten Boykotts“ am 1. April 1933 beginnt die systematische Entfernung städtischer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus politischen und „rassischen“ Beweggründen.