Die CDU nach 1945

Wahlplakat der CDU von 1946

Flugblatt der CDU an die „Deutschen Arbeiter“


Als Neugründung trat die Christlich-Demokratische Partei (CDP) im September 1945 auf den Plan. Obwohl in der Tradition der Weimarer katholischen Zentrumspartei stehend entschied man sich für eine prinzipiell überkonfessionelle Ausrichtung, die in Frankfurt gemäßigt links orientiert war. Allerdings konnte die Partei mit ihrer katholischen Prägung bei den Wahlen von 1946 nur etwa ein Drittel der Wähler gewinnen und blieb noch für lange Zeit danach der Sozialdemokratie unterlegen.

 

nders als SPD und KPD war die Christlich-Demokratische Partei (CDP), die spätere CDU (ab November 1949), eine wirkliche Neugründung. Politisch-ideologisch war sie dem Konservatismus zuzuordnen und knüpfte an die Parteitradition des Zentrums an, ohne wie dieses eine ebenso eindeutig konfessionelle Anbindung an nahezu nur katholische Wähler und Mitglieder zu suchen. Aber auch die CDU der späten 1940er Jahre, da zum großen Teil aus der Zentrumstradition herkommend, war noch katholisch.
Der grundlegende Impuls für die Gründung einer christlichen Partei und eine Betonung des „C“ im Parteinamen resultierten aus der Katastrophe des Nationalsozialismus und des Zweites Weltkrieges. Denn beides bedeutete nicht nur eine ungeheure materielle Zerstörung und eine unvorstellbare Vernichtung menschlicher Existenz, auch die geistigen Grundlagen des christlichen Bekenntnisses waren für die Parteigründer neu zu überdenken und gewinnbringend in die politische Debatte der unmittelbaren Nachkriegszeit einzubringen.

 

Die Initiative zur Gründung der CDP in Frankfurt ging im Sommer 1945 auf Vertreter des in der Stadt beheimateten politischen Katholizismus zurück, der sich in den 1870er Jahren zunehmend zu etablieren und zu artikulieren begann. Gerhard Heil (1869-1943) und vor allem Friedrich Dessauer (1881-1963) repräsentieren den spezifisch großstädtischen, republikanisch und demokratisch orientierten Katholizismus des Frankfurter Zentrums. Katholizität und politische Liberalität verbanden sich seit diesen Tagen in der Stadt auf eine eigene, fruchtbringende Weise. Hinzu kam eine deutlich soziale bzw. karitative Ausrichtung.

 

Das erste Treffen zur Sondierung der Chancen einer christlichen Parteigründung fand in Frankfurt am 29. April 1945 im Pfarrsaal von St. Bernhard statt und stand unter der alles entscheidenden Frage: Wie geht es weiter? Am Treffen nahmen als prominente Vertreter Walter Dirks, Alois Eckert, Jakob Husch und Karl-Heinrich Knappstein teil. Zunächst war zu klären, unter welchen Vorzeichen eine christliche Parteineugründung zu erwägen sei: ob einer katholisch-konfessionellen Ausrichtung oder aber der Etablierung einer christlich-überkonfessionellen Partei der Vorzug zu geben sei.

 

An den Beratungen im Spätsommer 1945 nahmen auch ehemalige Verfolgte und Versehrte des NS-Regimes wie der spätere CDU-Vorsitzende von Hessen, Werner Hilpert und Eugen Kogon (1903-1987) teil. Hilpert und Kogon saßen für ihre demokratische Überzeugung im KZ Buchenwald ein und überlebten. Beide waren sich einig, dass der künftige politische Weg „zu einem Sozialismus der Freiheit führen“ müsse und dieser von „den wachen Christen“ gemeinsam mit antitotalitären Marxisten beschritten werden sollte.

 

Kogon und Hilpert standen zunächst mit ihrer mit Blick auf die die spätere CDU deutlich links ausgerichteten Orientierung nicht allein. Auch der katholische Publizist und Herausgeber der linkskatholischen „Frankfurter Hefte“, Walter Dirks (1901-1991) war an der Diskussion über die politische Ausrichtung der Partei maßgeblich beteiligt. Seine Pläne gingen sogar so weit, angesichts des Versagens einer „formalen Demokratie“ in der Weimarer Republik, die linkskatholischen Kräfte mit der KPD und SPD in einer „Sozialistischen Einheitspartei“ zu vereinen. Diese den äußersten linken Flügel des christlichen Sozialismus repäsentierenden Vorstellungen gingen jedoch den meisten Mitgründern zu weit. Der Vorschlag des von den Amerikanern am 1. Mai 1945 eingesetzten Oberbürgermeisters Kurt Blaum (1884-1970) war hingegen gemäßigter und enthielt das Konzept einer christlichen Sammlungsbewegung, einer christlichen Union. Evangelische und katholische Christen sollten die konfessionellen Gegensätze auf diesem Weg überwinden können und gemeinsam für die junge Demokratie eintreten.

 

Die Gründungsversammlung der Frankfurter CDP wurde vom Vorbereitungsausschuss, dem als prominente Mitglieder Walter Dirks, Hans Breitbach sowie Bruno Dörpinghaus, Eugen Kogon und Marcel Schulte angehörten, durchgeführt und fand am 15. September 1945 statt. Nachdem die amerikanischen Besatzungsbehörden in Frankfurt dem Gesuch auf Gründung stattgegeben hatten, konnte am 1. Oktober 1945 mit der Einrichtung eines Sekretariats in der Blumenstraße 3 die politische Aufbauarbeit beginnen. Erster Nachkriegsvorsitzender der CDP wurde Jakob Husch (1875-1950), der von den meisten Gründern aufgrund seiner ausgleichenden Persönlichkeit und politischen Integrität während des Nationalsozialismus als richtige Wahl angesehen wurde. Zudem erhoffte man sich von ihm, die sich bereits herausbildenden Flügel „linkskatholisch“ und „bürgerlich-konservativ“ zusammenhalten zu können. Zwar überwog gerade nach dem Ende des Dritten Reiches noch die Vorstellung eines christlichen Sozialismus in größeren Teilen der sich gerade erst formierenden Christdemokratie, bürgerliche und konservativ-liberale Ideen waren jedoch auch von Anfang an vertreten.

 

Programmatisch gab sich die CDP mit den „Frankfurter Leitsätzen“ eine politische Ausrichtung, die zunächst für die unmittelbare Nachkriegszeit Geltung hatte und sich in folgenden Worten andeutete: „Wir wollen ein neues Deutschland. Ein ganz anderes, als durch das vergangene Regime zu einem Gegenstand des Hasses der ganzen Welt geworden ist, ein anderes aber auch, als es vor 1933 oder vor 1914 gewesen ist… Wir wollen daher zuerst und vor allem, daß die Idee der Gewalt, die in fast zwei Jahrhunderten preußisch-deutscher Geschichte immer wieder wie eine geistige Krankheit unser Volk angesteckt hat, mit ihren letzten Wurzeln aus unserem politischen Bewußtsein verschwinde, die Idee der Gewalt nach innen und nach außen. Sie soll ersetzt werden durch die Idee des Rechtes, als des Respekts vor dem Mitbürger, vor seiner Meinung und seinem Willen, aber auch der Achtung vor den Nachbarvölkern und den mit ihnen geschlossenen Verträgen.“ (Rotberg, S.223, dort zit. aus: ACDP, NL Dörpinghaus, I-009, CDU Hessen).

 

Trotz ihrer anfänglich durchaus gemäßigt linken Ausrichtung gelang es der CDP beziehungsweise CDU nicht, in Frankfurt politisch eine entscheidende Rolle zu spielen, wie dies der SPD für lange Jahre gelang. Mit nur 533 Mitgliedern 1945/46 blieb der Stadtverband der CDP weit hinter anderen Parteien zurück. Zum 1. Juli 1946 waren rund 80 Prozent der CDP-Mitglieder katholisch, knapp 20 Prozent evangelisch, nur sehr wenige konfessionslos. Der Frauenanteil lag bei rund 9 Prozent.

 

Aufgrund eines relativ großen Arbeiteranteils um 1946 bot sich die CDP als Alternative zur SPD bei den Stadtverordneten wahlen vom 26. Mai 1946 an. Dennoch überzeugte der christliche Sozialismus die Wähler nicht, auch Themen wie soziale Gerechtigkeit, die Zukunft der Wirtschafts- und Sozialpolitik fanden die Wähler offenkundig nicht adäquat von der CDP vertreten, so dass sich nur rund 35 Prozent der Wähler für die Christdemokraten entschieden.

 

 

 

Literatur und Quellen::

Joachim Rotberg, Zwischen Linkskatholizismus und bürgerlicher Sammlung: Die Anfänge der CDU in Frankfurt am Main 1945-1946, Frankfurt am Main 1999.

Werner Wolf, CDU Hessen 1945-1985. Politische Mitgestaltung und Kampf um die Mehrheit, Mainz 1986.

Bernd Heidenreich, Der Weg zur stärksten Partei: 1945-1995, Köln 1995.

Marie-Luise Recker, Von der christlichen Integrationspartei zur pluralistischen Volkspartei. Die CDU Hessen 1945-2005, in: Helmut Berding/Klaus Eiler (Hg.), Hessen. 60 Jahre Demokratie, (Veröffentlichung der Historischen Kommission für Nassau, Bd. 45), Wiesbaden 2006. S. 75-91.

Archiv für Christlich-Demokratische Politik (ACDP), Bonn-St-Augustin.

Als Neugründung trat die Christlich-Demokratische Partei (CDP) im September 1945 auf den Plan. Obwohl in der Tradition der Weimarer katholischen Zentrumspartei stehend entschied man sich für eine prinzipiell überkonfessionelle Ausrichtung, die in Frankfurt gemäßigt links orientiert war. Allerdings konnte die Partei mit ihrer katholischen Prägung bei den Wahlen von 1946 nur etwa ein Drittel der Wähler gewinnen und blieb noch für lange Zeit danach der Sozialdemokratie unterlegen.



Autor/in: Markus Wedel
erstellt am 01.01.2009
 

Verwandte Personen

Dessauer, Friedrich


Dirks, Walter


Eckert, Alois


Heil, Gerhard


Hilpert, Werner


Husch, Jakob


Knappstein, Karl-Heinrich


Kogon, Eugen

Verwandte Begriffe

CDP


CDU


Frankfurter Hefte


KPD


SPD


Zentrum

Verwandte Orte

Buchenwald

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