Nach 1945
Am 29. März 1945 meldete der amerikanische Frontsender die Besetzung von Frankfurt am Main durch die US Army. Der Krieg und die NS-Herrschaft waren beendet. Ihre Spuren begleiten die Stadt und ihre Bürger aber bis heute. Diese Spuren waren zunächst ganz materiell als Mangel an allem allgegenwärtig: Zerstörte Wohnungen, schlechte Versorgung mit Nahrungsmitteln, kaum Verkehrsmittel. Unzählige Flüchtlinge, Befreite Zwangsarbeiter und Häftlinge der Konzentrationslager, aber auch Ausgebombte lebten in notdürftigen Unterkünften.
Der demokratische Neuanfang fand unter dem Regime der Besatzungsmacht statt. Aber bereits im Mai 1946 fanden die ersten freien Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung statt. Viele Politikerinnen und Politiker waren aus der Emigration zurück gekehrt. Die erste Stadtverordnetenversammlung wählte 1946 den Sozialdemokraten Walter Kolb zum Oberbürgermeister.
Das erste Jahrzehnt nach dem Krieg war vor allem der Beseitigung der äußerlichen Verwüstungen gewidmet. Die Stadt entschied sich für den Neubau ihres Zentrums und gegen einen Wiederaufbau der verlorenen Altstadt. Der Bau von Wohnungen stand dabei im Vordergrund.
Aber auch das kulturelle Leben musste neu aufgebaut werden. Die Paulskirche wurde bereits 1948 zur 100 Jahrfeier der Revolution von 1848 wieder eröffnet. Auch an anderen Stellen blühte das kulturelle Leben erstaunlich schnell auf. Einige junge Musiker, die von den Nazis verfolgt worden waren, machten Frankfurt zum Zentrum des deutschen Jazz.
Die alte Jüdische Gemeinde der Stadt war zerstört. Nur sehr wenige Überlebende kehrten aus den Lagern oder aus dem Exil zurück. Über 10.000 Frankfurter Juden waren ermordet worden. In den Lagern für „Displaced Persons“, die von den US-Behörden für Überlebende eingerichtet wurden, sammelten sich Menschen, die vor allem aus Osteuropa stammten, wo ihre Gemeinden vollständig vernichtet worden waren. Manche blieben in Frankfurt am Main und prägten die neue Jüdische Gemeinde.
Die Verfolgung der NS-Verbrecher wurde zunächst durch die Besatzungsmacht übernommen. Sie organisierte auch die „Spruchkammern“, vor denen sich jeder verantworten musste, um „entnazifiziert“ zu werden. Bereits 1950 wurde der SS-Untersturmführer Baab in Frankfurt am Main von einem deutschen Gericht wegen seiner Tätigkeit als Leiter des „Judenreferates“ der Frankfurter Gestapo verurteilt. Er wurde allerdings nach wenigen Jahren aus der Haft entlassen. Ab 1963 fand hier der „Auschwitz-Prozess“ statt, in dem erstmals ein deutsches Gericht gegen Nazi-Verbrecher verhandelte, die unmittelbar am Mord in den Vernichtungslagern beteiligt waren.
Bis heute gibt es immer neue Ereignisse, die Erinnerung an die NS-Zeit reflektieren. Ausstellungen werden gezeigt, Konflikte brechen auf, Gedenkorte werden geschaffen. Jedes Jahr lädt die Stadt ehemalige jüdische Bürger zu einem Besuch ein, der immer wieder ein beeindruckendes Erlebnis für die Besucher und viele heutige Frankfurter ist. Ein „Gedenktafelprogramm“ der Stadt Frankfurt am Main erschließt auch entlegene Orte, an denen sich in der NS-Zeit Institutionen befanden, oder an denen Verfolgte litten. Diese Geschichte ist nicht abgeschlossen. Noch immer ist vieles nicht erforscht. Die Zusammenhänge des Raubes von Eigentums jüdischer Frankfurter kommen erst langsam ans Licht. Geschichten über Menschen, die Verfolgten geholfen haben, werden erst in den letzten Jahren erforscht. Vor allem über die NS-Täter aus Frankfurt am Main, die nicht vor Gericht gestellt wurden, wissen wir noch nicht viel.