1. Mai 1933: Frankfurt flaggt

Die Neugasse am Tag der Nationalen Arbeit, Fotografie 1. Mai 1933

Die Schnurgasse am Tag der Nationalen Arbeit, Fotografie 1. Mai 1933

Die Bleidenstraße am Tag der Nationalen Arbeit, Fotografie 1. Mai 1933

Die Bendergasse am Tag der Nationalen Arbeit, Fotografie 1. Mai 1933

Die Beflaggung der Stadt am 1. Mai 1933 sollte das Bekenntnis zum nationalen Deutschland unter Führung des Nationalsozialismus anschaulich machen.

 

Der 1. Mai 1933 ist der erste Tag seit dem 30. Januar 1933 und der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler, an den sich fast alle hundert Zeitzeuginnen und Zeitzeugen erinnerten, die das Historische Museum 1982/83 befragte. Erinnerungsprägend war die Inszenierung des durch Hitler zum Feiertag erklärten 1. Mai als Tag des nationalen Aufbruchs. Zum Fahnenschmuck der Stadt riefen die NSDAP und der Oberbürgermeister, der zudem Kreisleiter der NSDAP war und der als Stadtoberhaupt das Bekenntnis der Bevölkerung zum neuen Deutschland durch die Beflaggung der Häuser mit zusätzlicher Wirkung fordern konnte. Neben der Hakenkreuzfahne wehte die alte schwarz-weiß-rote Reichsfahne. Die schwarz-rot-goldene Trikolore, seit der Weimarer Republik Staatsfahne, war als verhasstes Symbol mit der Republik für nichtig erklärt worden.

 

Im Vergleich zu sonstigen Ereignissen ist eine hohe Zahl von Fotografien vom 1. Mai 1933 überliefert. Das macht deutlich, dass fotografiert werden sollte, um nach dem Ereignis das Bekenntnis dokumentarisch belegen und propagandistisch nutzen zu können. Weiterhin auffällig ist die Konzentration auf die Altstadt. Sie war in den zwanziger Jahre zu einer politischen Hochburg der KPD geworden. Die Fotografien sollten suggerieren, dass die Arbeiter und Arbeiterinnen zur „wahren“ Arbeiterpartei übergelaufen waren. Die Fotografien lassen bei genauem Hinsehen viele Lücken in der Beflaggung und insgesamt das zahlenmäßige Übergewicht ausgehängter schwarz-weiss-roter Reichsfahnen erkennen. Die NSDAP ließ Kilometer von Stoffballen zu Hakenkreuzfahnen und Hakenkreuzarmbinden verarbeiten, die auch leihweise gegen Quittung abgegeben und nach dem 1. Mai der Partei zurückgegeben werden mussten. Der Maischmuck, das frische Grün, das die frühlingshafte Aufbruchsstimmung ausbeutete, kostete 4.000 gefällte Bäume und wurde mit 50 Wagenladungen Birkenreisern zentral in die Stadt geschafft. Selbst die beiden Kübelbäumchen für den Schmuck der Schulportale konnten zentral beim Städtischen Schulamt bezogen werden. Von allen Kirchen dröhnten die Glocken.

 

Der nationalsozialistischen Propaganda gelang am 1. Mai 1933 die Mobilisierung nationaler Gefühle als Mittel zum Zweck. Der von der nationalsozialistischen Propaganda suggerierte Glaube, der Nationalsozialismus sei (nur) die Hilfstruppe eines national erwachenden Deutschlands, erwies sich schnell als naiv. Die nationalsozialistische Propaganda nutzte den 1. Mai als Beweis der Zustimmung des deutschen Volkes zur nationalsozialistischen Ideologie. Die Inszenierung des 1. Mai war kalkuliertes Mittel zur Verfestigung der nationalsozialistischen Diktatur. Dem als nationales Bekenntnisfest propagierten 1. Mai 1933 folgte am Tag danach mit der Zerschlagung der freien Gewerkschaften der nächste große Schritt in der Errichtung der Diktatur.

Die Beflaggung der Stadt am 1. Mai 1933 sollte das Bekenntnis zum nationalen Deutschland unter Führung des Nationalsozialismus anschaulich machen.



Autor/in: Janine Burnicki/ Jürgen Steen
erstellt am 01.01.2003
 

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