Auswandernde Juden mussten den Behörden eine detaillierte Liste ihres Umzugsguts zur Kontrolle vorlegen. Sie durften in der Regel nur solche Gegenstände mitnehmen, die sie vor 1933 erworben hatten. Die Ausfuhr von Gegenständen aus Edelmetall, Diamanten, Perlen usw. wurde generell auf ein Minimum beschränkt.
Devisenstelle S Frankfurt/M: Merkblatt für die Mitnahme von Umzugsgut durch Auswanderer, 1939.
1. Der Auswanderer darf nur solche Sachen als Umzugsgut mit in das Ausland nehmen, die ihm nachweislich bereits vor dem 1. 1. 1933 gehört haben (Altbesitz). Die Mitnahme von später angeschafften Sachen ist grundsätzlich unzulässig. Ausnahmen können gemacht werden für
a) Sachen, die von dem Auswanderer im Rahmen des Notwendigen als Ersatz für unbrauchbar gewordene Bekleidungsstücke und Wäsche angeschafft worden sind (Ersatzstücke) und
b) Sachen, die der Auswanderer im Rahmen des Notwendigen zum Zweck der Auswanderung angeschafft hat (Einrichtungs- und Ausrüstungsgegenstände). Die Genehmigung kann von der Leistung einer ersatzlosen Abgabe an die Deutsche Golddiskontbank abhängig gemacht werden.
Sachen aus Gold, Platin oder Silber sowie Edelsteine und Perlen dürfen nur in folgendem Umfange mitgenommen werden:
Die eigenen Trauringe und die verstorbener Ehegatten,
silberne Armband- und Taschenuhren,
gebrauchtes Tafelsilber und zwar je Person zwei vierteilige Eßbestecke, bestehend aus Messer, Gabel, Löffel, kleinem Löffel, und
darüber hinaus sonstige Silbersachen bis zum Gewicht von 40 g je Stück bis zu einem Gesamtgewicht von 200 g je Person.
Ausgeschlossen ist weiterhin die Mitnahme von hochwertigen, zum Wiederverkauf geeigneten, nach dem 1. 1. 1933 erworbenen Ausfuhrerzeugnissen, z. B. optischen Geräten, Musikinstrumenten u. dgl., es sei denn, daß der Auswanderer diese Sachen zur persönlichen Ausübung seines Berufs oder Gewerbes im Ausland unbedingt benötigt.
2. Anträge auf Mitnahme von Umzugsgut sind unter Verwendung der bei der Devisenstelle S, Frankfurt/M, erhältlichen Antragsvordrucke in doppelter Ausfertigung spätestens drei Wochen vor der Auswanderung bei der für den Auswanderer zuständigen Devisenstelle S einzureichen. Das Umzugsgut wird in der Wohnung des Auswanderers und in dessen Anwesenheit durch einen Sachverständigen geprüft, der von der Devisenstelle S bestellt wird. An einer anderen Stelle darf die Prüfung nur mit Einwilligung der Devisenstelle S vorgenommen werden, die gesondert zu beantragen ist. Das Umzugsgut darf erst nach der Prüfung auf Lager gegeben oder zum Versand gebracht werden.
3. In den Umzugsgutverzeichnissen, die dem Antrag in doppelter Ausfertigung beizufügen sind (Schreibmaschinenschrift vorgeschrieben!), hat der Auswanderer die Sachen getrennt nach folgenden drei Versendungsarten zusammenzustellen:
a) Verzeichnis der Sachen, die in Möbelwagen oder in besonderen gedeckten Güterwagen oder als geschlossene Sendung in anderen Beförderungsmitteln oder in Behältern oder Liftvans, die zollsicher verschlossen werden können, befördert werden sollen.
b) Verzeichnisse der Sachen, die als Reisegepäck, Expreß-, Eil- oder Frachtstückgut befördert werden sollen und zwar für jedes Versandstück (Koffer, Kiste u. dgl.) ein besonderes Verzeichnis in doppelter Ausfertigung.
c) Verzeichnis der Sachen, die als Handgepäck mitgenommen werden sollen.
Sachen aus Edelmetallen (vgl. Nr. 1) dürfen nur im Handgepäck mitgenommen werden. Im übrigen ist das Handgepäck auf die zum persönlichen Gebrauch auf der Reise erforderlichen Sachen zu beschränken. Die Trennung ist unerläßlich, weil die Nachschau an verschiedenen Stellen vorgenommen wird und daher für jede Sendung eine besondere Genehmigung erteilt werden muß.
4. Innerhalb der einzelnen Verzeichnisse sind die Sachen wie folgt aufzuführen:
Abschnitt 1: Sachen, die vor dem 1. Januar 1933 angeschafft worden sind (Altbesitz).
Abschnitt 2: Sachen, die nach diesem Zeitpunkt im Rahmen des Notwendigen als Ersatz für unbrauchbar gewordene Bekleidungsstücke und Wäsche erworben worden sind (Ersatzstücke).
Abschnitt 3: Sachen, die der Auswanderer im Rahmen des Notwendigen zum Zwecke der Auswanderung angeschafft hat (Einrichtungs- und Ausrüstungsgegenstände).
Der Abschnitt, zu dem die einzelnen fortlaufend aufgeführten Sachen gehören, ist in Spalte 2 des Verzeichnisses aufzuführen.
Es ist unzulässig, in dem Verzeichnis Sammelbegriffe wie „1 Posten Wäsche“ anzugeben. Es sind vielmehr genaue Angaben erforderlich, wie z. B. 5 Tischtücher, 12 Küchenhandtücher usw. Bei Kühlschränken, Radioapparaten, Schreibmaschinen, Klavieren, Sprechapparaten, Fahrrädern und ähnlichen Sachen sind in den Verzeichnissen stets Markenbezeichnung und Fabriknummern anzugeben.
5. Nach Abschluß der Prüfung werden die eingereichten Verzeichnisse von der Devisenstelle S mit einem Genehmigungsvermerk versehen. Die genehmigten Verzeichnisse solcher Sachen, die in Möbelwagen, in besonderen gedeckten Güterwagen, als geschlossene Sendung in anderen Beförderungsmitteln oder in Behältern oder Liftvans, die zollsicher verschlossen werden können, befördert werden sollen, werden von der Devisenstelle S unter gleichzeitiger Benachrichtigung des Antragstellers an das zuständige Zollamt gesandt. Dieses überwacht die Verladung und nimmt die Sendung unter zollamtlichen Verschluß. Die genehmigten Verzeichnisse aller übrigen Sachen werden von der Devisenstelle S dem Antragsteller zugesandt. Dieser hat sie, wenn er sein Umzugsgut als Reisegepäck, Expreß-, Eil- oder Frachtstückgut bei der Bahn aufliefert, unaufgefordert dem abfertigenden Beamten auszuhändigen. Nimmt der Auswanderer Sachen als Handgepäck mit, so hat er die hierfür erteilten Genehmigungen mit sich zu führen und sie unaufgefordert dem Beamten, der die Zollkontrolle an der Grenze vornimmt, auszuhändigen.
6. Falsche Angaben und jede außergesetzliche Verbringung von Umzugsgut nach dem Ausland sind nach dem Devisengesetz mit schweren Strafen bedroht.
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt, Sammlungen.
Aus: Dokumente zur Geschichte der Frankfurter Juden, S. 407ff.
Auswandernde Juden mussten den Behörden eine detaillierte Liste ihres Umzugsguts zur Kontrolle vorlegen. Sie durften in der Regel nur solche Gegenstände mitnehmen, die sie vor 1933 erworben hatten. Die Ausfuhr von Gegenständen aus Edelmetall, Diamanten, Perlen usw. wurde generell auf ein Minimum beschränkt.