Autobahnanstich am Niederräder Ufer

Gauleiter Sprenger übergibt auf dem Börsenplatz die Schaufeln an die angetretenen Autobahnarbeiter, Fotografie vom 23. September 1933

Autobahnarbeiter auf dem Marsch zum Niederräder Ufer, Fotografie vom 23. September 1933

Autobahnarbeiter auf dem Marsch zum Niederräder Ufer, Fotografie vom 23. September 1933

Anfahrt Hitlers zum Autobahnanstich, Fotografie vom 23. September 1933

Ansprache Hitlers zum Autobahnanstich, Fotografie vom 23. September 1933

Erster Spatenstich zum Bau der Reichsautobahn durch Adolf Hitler am 23. September 1933

Der erste von Adolf Hitler am 23. September 1933 persönlich vorgenommene Spatenstich ist ein perfekt organisiertes Propagandaereignis, das den nachhaltig über 1945 hinaus wirkenden Mythos in die Welt setzte, Hitler habe die Arbeitslosigkeit beseitigt.

 

1926 gründete der Höchster Industrielle Wilhelm Hof einen Verein zur Planung und Durchführung einer kreuzungsfreien Autostraße, die Hamburg über Frankfurt am Main mit Basel verbinden sollte. Der Frankfurter Oberbürgermeister Landmann unterstützte die HAFRABA. 1930 lagen die Pläne für das erste Teilstück zwischen dem Niederräder Ufer und Darmstadt baureif vor. Zur Ausführung kam es nicht, weil die Gesetzeslage der Idee, die Errichtung aus den Nutzungsgebühren zu finanzieren, im Wege stand. Zudem verhinderte die politische, gesellschaftliche und ökonomische Krise der Republik notwendige Gesetzesinitiativen. Im Frühjahr 1933 trug Wilhelm Hof den Plan Adolf Hitler vor. Hitler ließ mit Datum vom 18. August 1933 die Reichsautobahngesellschaft gründen.

 

Joseph Goebbels hatte wahrscheinlich die Idee, den ersten Spatenanstich als Massen- und Medienereignis zu inszenieren: die Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit durch den Führer. Die Gaupropagandaleitung bereitete alle Einzelheiten für den 23. September 1933 vor. Äußerer Rahmen war der Gauparteitag der NSDAP Hessen-Nassau in Frankfurt mit der Einweihung des Gauhauses.

 

Ende Dezember 1932 waren im Arbeitsamtsbezirk Frankfurt 70.917 Arbeitslose registriert. Die Stadt hatte etwa 550.000 Einwohner. Morgens früh am 23. September 1933 versammelten sich die 700 neu eingestellten Arbeiter im Hof des Landesarbeitsamtes, um aus der Obhut der Arbeitsverwaltung entlassen zu werden. Dann marschierten sie hinter einer SA-Kapelle über Zeil und Hauptwache zum Börsenplatz, wo der Gauleiter sie in Empfang nahm. In langen Reihen waren Schaufeln bereit gestellt, die Jakob Sprenger jedem Arbeiter persönlich in die Hand drückte. Die militärisch angetretenen Arbeiter sprach Sprenger als „Soldaten der Arbeit“ an, die nicht eher ruhen würden, bis der letzte Autobahnkilometer fertig und die Arbeitsschlacht geschlagen sei.

 

Dann zogen die „Arbeiter-Soldaten“ hinter dem Gauleiter und einem SA-Sturm über eine Stunde lang durch die beflaggte Stadt zum Niederräder Ufer. Transparente mit der Aufschrift „Arbeit und Frieden“ zitierten die Slogans, mit denen die NSDAP seit 1930 ihre Wahlkämpfe geführt hatte. Börsenplatz-Zeremoniell und der an der Spitze marschierende Gauleiter sollten unübersehbar machen, wer hier für Arbeit sorgte. Als Arbeiter, Gauleiter und SA am Niederräder Ufer ankamen, wo sich zudem tausende Schaulustige versammelt hatten, erschienen pünktlich zwei Flugzeuge am Himmel, die auf dem nahegelegenen Flughafen am Rebstock landeten. Dem einen entstieg Joseph Goebbels, dem anderen Adolf Hitler.

 

Tondokument: Beginn des Baus der ersten Reichsautobahn Frankfurt–Heidelberg; Reportage Paul Laven; Rede Adolf Hitler; © Deutsches Rundfunkarchiv

 

In seiner reichsweit übertragenen Rede erklärte Hitler, er habe vor der Nation das Gelöbnis abgelegt, den Fluch der Arbeitslosigkeit zu beenden. Das leutselige Gespräch mit Arbeitern und auch die beachtliche körperliche Aktion, mit der der „Führer“ anschließend schaufelte, suggerierte, dass er sich für einfachste körperliche Arbeit nicht zu schade sei. Beides - eifrig fotografiert - sollte unterstreichen, dass der deutsche Arbeiter wieder zu einem anerkannten Glied des Volksganzen geworden sei.
Die Schlagzeile des „Frankfurter Volksblattes“ „Ein Volk marschiert zur Arbeit“ erklärte 700 (= ein Prozent der Arbeitslosenzahl vom Dezember 1932) zum Volk. In den gleichgeschalteten Medien war Arbeitslosigkeit fortan nur noch Thema als Dank an die „Führer“ auf allen Ebenen für die Beendigung von Arbeitslosigkeit.

Der erste von Adolf Hitler am 23. September 1933 persönlich vorgenommene Spatenstich ist ein perfekt organisiertes Propagandaereignis, das den nachhaltig über 1945 hinaus wirkenden Mythos in die Welt setzte, Hitler habe die Arbeitslosigkeit beseitigt.



Autor/in: Janine Burnicki/ Jürgen Steen
erstellt am 01.01.2003
 

Verwandte Personen

Goebbels, Joseph


Hitler, Adolf


Hof, Wilhelm


Sprenger, Jakob

Verwandte Ereignisse

Autobahnanstich

Verwandte Begriffe

Autobahn


Führer


HAFRABA


SA

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