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Die Wiederzulassung der Parteien nach 1945

Erst nach Abschluss der Potsdamer Konferenz gestattete die amerikanische Militärregierung im September 1946 die Neu- bzw. Wiedergründung politischer Parteien.

Die Statistik der amerikanischen Militärregierung verdeutlicht die Entwicklung der Mitgliederzahlen der Parteien im ersten Halbjahr 1946. Besonders die SPD profitierte von dem wiedererwachten Interesse an einer demokratischen Entwicklung. Die neugegründete CDU entwickelte erst allmählich ein programmatisches Profil und rangierte deutlich hinter den Traditionsparteien SPD und KPD.

Nach Kriegsende waren den Deutschen parteipolitische Aktivitäten von den Alliierten bis zum August 1945 verboten. Doch gestatteten die Amerikaner in Frankfurt die Bildung eines Bürgerrats, dem Verfolgte, Geistliche, SPD- und KPD-Mitglieder sowie Industrievertreter angehörten. Nach der Wiederzulassung der Parteien hatten SPD und KPD Startvorteile, weil sie bereits zuvor erste Organisationsaktivitäten entfalten konnten. Alle in Frankfurt vertretenen Parteien schlossen sich zunächst in einem Aktionsausschuss zusammen, um die drängendsten Probleme der Notlinderung gemeinsam anzugehen.

 

Die politische Betätigung in Parteien und die Parteiarbeit war direkt nach der Besatzung durch die amerikanischen Alliierten für die Zeit bis nach der Potsdamer Konferenz im Juli und August 1945 verboten. Allenfalls dort, wo die Amerikaner dies zuließen, war die Errichtung von überparteilichen Komitees und Bürgerräten erlaubt, die sich zumeist aus ehemaligen Verfolgten des NS-Regimes, Geistlichen und örtlichen Honoratioren zusammensetzten. In Frankfurt existierte nach der Befreiung durch die Amerikaner am 29. März 1945 bald ein Bürgerrat, der Vertreter vieler verschiedener politischer und konfessioneller Richtungen vereinte. Der Bürgerrat war besonders vorbildlich, da sowohl die beiden christlichen Kirchen mit je einem Vertreter repräsentiert waren, als auch die beiden Parteien SPD und KPD. Die Metallgesellschaft und die IG-Farben waren in diesem Bürgerrat ebenso vertreten.

 

Neben den Bürgerräten existierten in Hessen auf lokaler und kommunaler Ebene die so genannten Antifaschistischen Ausschüsse, deren Mitglieder sich aus heimgekehrten Sozialdemokraten und Kommunisten rekrutierten. Der erhoffte gemeinsame Aufbau der Demokratie unter sozialistischen Vorzeichen gelang SPD und KPD dennoch nicht. Die Antifaschistischen Ausschüsse scheiterten an den zu dieser Zeit sehr restriktiven Regelungen und dem mangelnden Wohlwollen der amerikanischen Besatzungsbehörden. Eine konstruktive und dauerhafte Kooperation von Sozialdemokraten und Kommunisten setzte sich auch in Frankfurt nicht durch. Dort hatten noch im April 1945 Mitglieder beider Parteien im Stadtteil Riederwald ein Büro eingerichtet mit dem Ziel, die Überwindung des Nazi-Regimes und den bevorstehenden Wiederaufbau gemeinsam zu beraten. Die im Zeichen der Ost-West-Konfrontation beginnende Abgrenzung bei beiden Parteien trug letztlich zu ihrem Scheitern bei.
Nachdem mit dem Abschluss der Potsdamer Konferenz im Juli 1945 die Zulassung von Parteien erörtert und genehmigt worden war, begann die eigentliche Phase der Gründung lokaler und kommunaler Parteiorganisationen bzw. ihre Errichtung auf Kreisebene. Die US-Militärregierungsdirektive vom 27. August 1945 macht deutlich, dass die Amerikaner politische Betätigung zwar erlauben und fördern, zugleich aber auch kontrollieren wollten.

 

Die beiden Parteien SPD und KPD waren bei ihrer Wiedergründung den bürgerlichen Parteien (CDU und Liberaldemokratische Partei) voraus, da sie bereits vor ihrer legalen Zulassung erste organisatorische Anstrengungen zu ihrer Gründung unternommen hatten. Demzufolge waren sie die ersten Parteien, die auf lokaler Ebene gegründet und zugelassen wurden. Die Frankfurter Sozialdemokraten hielten eine ihrer ersten Mitgliederversammlungen bereits im August 1945 ab. Am dem 12. August erfolgte dann die offizielle Gründung. Die Kommunisten veranstalteten am 30. September 1945 in Frankfurt ihre erste Mitgliederversammlung.

 

Unterstützt wurden die Frankfurter Sozialdemokraten vor allem von ihrer Parteizentrale in Hannover. Die Kommunisten erhielten Anweisungen und Hilfe vom Zentralkommitee aus Berlin. Die CDU hatte in Hessen ihr Hauptquartier in Frankfurt und konnte sich vor der LDP auf Kreis- und später auch auf Landesebene etablieren. Die Gründung der Frankfurter CDU erfolgte am 15. September 1945. Erst am 19. Februar 1946 fand die Gründung des Stadtkreises Frankfurt der LDP Groß-Hessens statt.
Verschiedene kleinere rechtskonservative und rechtsextreme Parteien hatten ebenso ihre Zulassung beantragt, wobei die noch 1945 in Friedberg auf Kreisebene zugelassene Nationaldemokratische Partei (NDP) zunächst in Hessen dominierte. Sie zeichnete sich vor allem durch nationalistisches Gedankengut und eine ideologische Nähe zum „Dritten Reich“ aus.

 

Trotz aller politischen Unterschiede waren sich die in Frankfurt vertretenen Parteien 1945 einig, dass die gegenwärtige Not und die zu leistenden Anstrengungen bei der Trümmerbeseitigung und dem Wiederaufbau ein gemeinsames Handeln erforderten. Im November 1945 gründeten daher die CDP (Christlich-Demokratische Partei, später CDU), KPD, LDP und SPD einen gemeinsamen Aktionsausschuss, in dem jede Partei fünf Vertreter stellte. Die Aufgabenstellung wurde darin gesehen „alle wichtigen politischen Probleme zu beraten, um eine gemeinsame Lösung zu finden, die mit vereinten Kräften durchzusetzen ist.“ (Kropat, S. 71). Dazu zählte in praktischer und alltäglicher Hinsicht die „Schaffung eines Winter-Nothilfe-Programms für die Stadt Frankfurt a. M. und dessen gemeinsame Durchführung in Verbindung mit dem Bürgerrat“ ebenso wie die „Zusammenarbeit mit der hessischen Regierung“ vor dem Hintergrund der beginnenden Entnazifizierung in Staat, Verwaltung und Gesellschaft. (ebd.)

 

Es wird deutlich, dass die Zulassung und der organisatorische wie politische Neubeginn der Parteien in Frankfurt und in Hessen angesichts der katastrophalen sozialen und ökonomischen Situation in der Stadt noch weit entfernt von parteipolitischer Routine war. Zunächst kam es darauf an, die Kriegsschäden zu beseitigen und die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen. Daran sollten alle politischen Parteien gemeinsam unbeschadet ihrer politischen Ausrichtung arbeiten. Die lokalen Parteigründungen in Frankfurt waren ein erster zaghafter, aber wichtiger Schritt einer sich langsam vollziehenden Demokratisierung und der Einübung des politischen Lebens nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur.

 

 

 

Literatur::

Frolinde Balser, Geschichte der Stadt Frankfurt am Main 1945-1989, Sigmaringen 1995.

Wolf-Arno Kropat, Hessen in der Stunde Null 1945/47, Wiesbaden 1979.

Walter Mühlhausen, Hessen 1945-1950. Zur politischen Geschichte eines Landes in der Besatzungszeit, Frankfurt am Main 1985.

Nach Kriegsende waren den Deutschen parteipolitische Aktivitäten von den Alliierten bis zum August 1945 verboten. Doch gestatteten die Amerikaner in Frankfurt die Bildung eines Bürgerrats, dem Verfolgte, Geistliche, SPD- und KPD-Mitglieder sowie Industrievertreter angehörten. Nach der Wiederzulassung der Parteien hatten SPD und KPD Startvorteile, weil sie bereits zuvor erste Organisationsaktivitäten entfalten konnten. Alle in Frankfurt vertretenen Parteien schlossen sich zunächst in einem Aktionsausschuss zusammen, um die drängendsten Probleme der Notlinderung gemeinsam anzugehen.



Autor/in: Markus Wedel
erstellt am 01.01.2009
 

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