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Deportationen nach Dachau

Appell im KZ Dachau 1938, zeitgenössische Fotografie, Gedenkstätte Dachau

Vom Südbahnhof aus werden nach dem 10. November 1938 534 „jüdische Männer“ in das KZ Dachau deportiert.

 

Zwei große Transporte mit Deportierten, davon 243 aus Frankfurt am Main, kamen am 14. November 1938 im KZ Dachau an. Am 16. November 1938 folgten 168 verhaftete Frankfurter.

 

Heinrich Perlhefter wurde am 13. November 1938 verhaftet und in die Festhalle gebracht. „Gegen Abend, zwischen 18 und 20 Uhr“, so seine Erinnerung, „wurden wir mit städtischen Omnibussen zum Südbahnhof gebracht und in einen Personenzug Richtung Dachau verladen. In München wurden wir in einen Viehwagen umgeladen und zwar in jeden Wagen so viele Menschen, daß wir uns nicht bewegen konnten. In Dachau angekommen wurden wir mit Kolbenschlägen aus dem Zug getrieben, dabei hat es schon viele Tote gegeben. Im Lager mußten wir uns nackt ausziehen und im Freien stehen bleiben. Dort wurden wir mit eiskaltem Wasser abgespritzt, einige mußten den Mund öffnen und bekamen einen Wasserstrahl hinein. Nach dieser Prozedur bekamen wir Häftlingskleidung und wurden in verschiedene Baracken eingewiesen. Ich lag in Block 20, Stube 3 mit Herrn Seligmann aus Frankfurt und Rabbiner Dr. Salzberger. Dort wurden mir auch endlich die Nägel aus der Kopfhaut herausgeholt. Wegen der Flucht von drei Häftlingen mußte einmal das ganze Lager, ca. 10 -12.000 Häftlinge, von abends 18 Uhr bis morgens 7 Uhr im Freien Strafe stehen. Meine Frau (...) bekam von Bekannten den Rat, sich an das siamesische Konsulat zu wenden und um Einwanderungserlaubnis zu bitten. Dieses Konsulat stellte auch sofort für mich und meine zwei Brüder, die auch im Lager waren, Auswanderungspapiere zur Verfügung. Die Formulare wurden der Gestapo vorgelegt. Daraufhin kamen meine Brüder und ich von Dachau frei.“

 

Die Nägel, die ein Mitgefangener mit einem Taschenmesser aus der Kopfhaut von Heinrich Perlhefter herausholte, stammten von der Misshandlung in der Festhalle. Ein SS-Mann hatte die Nägel, so genannte Blauköpfe, in eine Ecke gestreut und ihn gezwungen, auf den Nägeln einen Kopfstand zu machen. Zurück in Frankfurt musste sich Heinrich Perlhefter, wie alle aus Dachau und Buchenwald Zurückgekehrten, regelmäßig auf dem für ihn zuständigen Polizeirevier melden, um sich nach dem Stand der Auswanderung befragen zu lassen. Verbunden war dies mit der steten Drohung, zurückgebracht zu werden.

Vom Südbahnhof aus werden nach dem 10. November 1938 534 „jüdische Männer“ in das KZ Dachau deportiert.



Autor/in: Jürgen Steen
erstellt am 01.01.2003
 

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