Das Institut für Stadtgeschichte verwahrt zwei kleine NS-Bestände, die Registratur von Oberbürgermeister Krebs als Kreisleiter der NSDAP und die Unterlagen der Zelle 08 Dornbusch, deren Leiter Stadtarchivdirektor Harry Gerber war. Beide Bestände bieten interessante Einblicke in den Alltag der NS-Zeit.
Das Institut für Stadtgeschichte verfügt zwar über eine reichhaltige und vielgestaltige Überlieferung zur Geschichte der Stadt von 1933 bis 1945, aber über nur zwei und dazu noch kleine Bestände parteiamtlicher Provenienz, die beide wertvolle Einblicke in den Alltag der NS-Zeit gewähren. Die regionale Parteiüberlieferung der NSDAP wird als Abt. 483 im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden verwahrt und ist durch hohe Verluste sehr lückenhaft.
Oberbürgermeister Friedrich Krebs war von 1933 bis 1937 auch ehrenamtlicher Kreisleiter des Kreises Groß Frankfurt (Stadtgebiet von Frankfurt und Bad Vilbel) der NSDAP. Aus dieser Zeit ist eine kleine Registratur erhalten, die zwar bis 1945 läuft, aber in der Zeit nach 1937 einen eher allgemeinen Schriftwechsel des Oberbürgermeisters mit einer Viehzahl von Eingaben und Stellengesuchen, auch von Bundesbrüdern seiner Straßburger Burschenschaft. Ein Aktenband hat die Tätigkeit von Krebs als Landesleiter des "Kampfbundes für Deutsche Kultur" (1933-1934) zum Gegenstand. Diese Registratur hat den Zweiten Weltkrieg zusammen mit den Magistratsakten unbeschadet im Hauptamt überstanden und wurde beim planmäßigen Erfassen der jüngeren städtischen Überlieferung erfasst und verzeichnet (Rep. 815, 21 Nummern). Die hier überlieferten Unterlagen berichten u. a. von „alten Kämpfern“, dem Winterhilfswerk, Ereignissen aus einzelnen Ortsgruppen, der Verfolgung von Frankfurter Juden und Kirchengemeinden, insgesamt von örtlichen und meist weniger bedeutenden Ereignissen ist aber wegen seiner Vielgestaltigkeit durchaus reizvoll. Von den besonderen Anliegen ist die Eingabe von Elisabeth Böckel aus dem Jahr 1936 zu erwähnen, der Tochter von Dr. Otto Böckel (1859-1923), der als Gründer der „Antisemitischen Volkspartei“ von 1887 bis 1903 den Wahlkreis Marburg-Frankenberg im Reichstag vertrat und zahlreiche Anhänger für seine antisemitischen Parolen fand. Seine Tochter wollte sein Andenken als Wegbereiter des Antisemitismus gewürdigt wissen, stieß aber bei Krebs auf kein Interesse (Kreisleiter OB Krebs, 13, Bl. 169-178). Im Herbst 1935 ließ Krebs ein Schmähgedicht „Nonnengesang – Abteilung Devisenschieber“ gegen Ordensgeistliche aus dem „Stürmer“-Kasten am Römer entfernen und schloss sich einer Beschwerde wegen besonderer Geschmacklosigkeit an (Kreisleiter OB Krebs, 12, Bl. 92-94). Die Registratur von Krebs als Kreisleiter wird ergänzt durch einen wenig ergiebigen Teilnachlass des Oberbürgermeisters (ISG, S 1/50, Rep. 581) und durch amtlich gesammelte Reden von Krebs (ISG, S 5/117 bis S 5/142).
Die Unterlagen der Zelle 08 Dornbusch (Rep. 543) wurden nach dem Zweiten Weltkrieg von Harry Gerber (1888-1959) übergeben, der von 1938 bis 1945 Direktor des Frankfurter Stadtarchivs war und wegen seiner politischen Tätigkeit als Zellenleiter von 1940 bis 1945 aus dem städtischen Dienst entlassen wurde. Der 34 Nummern enthaltende Bestand hat eine Laufzeit von 1935 bis 1945 und einen Schwerpunkt in den Jahren des Krieges. Die Zelle 08 Dornbusch entstand 1935, als bei einer Neueinteilung der Ortsgruppe Dornbusch eine Zelle aufgelöst und ihr Bezirk zum größten Teil von der Zelle 08 übernommen wurde.
Der Inhalt der einzelnen Bände gibt einen guten Einblick in die mit großem Engagement betriebene Basisarbeit der NSDAP. Sie enthalten auch Aufrufe, Merkblätter wie zum Verhalten gegenüber Ostarbeitern (Nr. 9) und zum Umgang mit Bombenschäden (Nr. 12) sowie vielgestaltiges Propagandamaterial. Das jüngste Propagandamaterial vom Januar 1945 hat den Volkssturm zum Gegenstand (Nr. 14). Wichtig sind Stimmungsberichte und Auskünfte über Personen für die Zeit von 1939 bis 1945 aus einem vom gehobenen Bürgertum bestimmten Stadtteil, in dem unter anderem der Rassenideologe Otmar Verschuer bis 1942 wohnte. Auch die im Bezirk wohnenden Juden wurden erfasst und Auskünfte über sie erteilt. Im März 1943 meldete Gerber, dass noch zwei in seinem Bezirk wohnende Juden deportiert worden waren und nach dem Tod der letzten im Dornbusch lebenden Jüdin im März 1944 die Zelle 08 „judenrein“ war. Einen gewissen Umfang nehmen Aktivitäten für das Winterhilfswerk und das Erheben sonstiger Spenden ein. Das Material gibt guten Einblick in den Alltag der NS-Zeit und in die Struktur der untersten Ebene der Parteiorganisation als Kontrollmechanismus gegenüber der Bevölkerung.
Literatur::
Quellen zu Widerstand und Verfolgung unter der NS-Diktatur in hessischen Archiven, bearb. v. Herbert Bauch, Volker Eichler, Ulrich Eisenbach, Rolf Engelke u. Wolfgang Form, Wiesbaden 1995.
Konrad Schneider, Neue Quellen zur Tätigkeit des Frankfurter Oberbürgermeisters Friedrich Krebs 1933-1945, in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, 65, 1999, S. 350-362.
Carl Wilhelm Reibel, Die NSDAP Ortsgruppen Dornbusch und Oberrad 1933-1945, ebd., S. 53-120.
Ders., Das Fundament der Diktatur: die NSDAP-Ortsgruppen 1932-1945, Paderborn 2002.
Das Institut für Stadtgeschichte verwahrt zwei kleine NS-Bestände, die Registratur von Oberbürgermeister Krebs als Kreisleiter der NSDAP und die Unterlagen der Zelle 08 Dornbusch, deren Leiter Stadtarchivdirektor Harry Gerber war. Beide Bestände bieten interessante Einblicke in den Alltag der NS-Zeit.