Zitate an der Gedenkstätte Frankfurter Großmarkthalle

Weg zur Großmarkthalle

 

„Meine lieben Kinder! Ich bin in größter Aufregung, da ich schon die Mitteilung bekam, dass ich übermorgen Frankfurt verlassen muss. Leider ging mein Wunsch, Euch wiederzusehen, nicht mehr in Erfüllung. Auf jeden Fall will ich von Euch Abschied nehmen und wünsche Euch alles Gute, was eine Mutter ihren Kindern wünschen kann. Ich bin so nervös, dass ich auch nicht mehr weiterschreiben kann.“

Bertha Oppenheimer, 1942

 

„In the morning an SS-Man – a German official from the party – came to our apartment and we packed our things. We were told what to take and what not to take. Then we had to go to the Markthalle, which is a long way off from where we lived. It was in the afternoon later.”

Berthold Adler, 2005

 

„Ich habe den Zug zur Großmarkthalle durch die Stadt begleitet, versucht, die Straßenbahn zu benutzen, aus der ich wegen meines Judensterns herausgeworfen wurde. Der Zug ging durch die Stadt am hellen Tage. Rechts und links standen die Menschen und sahen sich stumm im dichten Spalier den Zug an.“

Lina Katz, 1961

 

„Da die Leute nicht Trambahn fahren durften, mussten sie mit ihrem Gepäck zu Fuß an die Großmarkthalle. Spießruten laufen dazu! Und draußen blüht der Mai: Kastanien, Flieder, Glyzinien, Apfelbäume – es tut einem weh, diese Schönheit.“

Tilly Cahn, 1942

 

„Die jüdischen Menschen mit dem gelben Stern auf der Brust liefen unter Bewachung in Vierer- oder Fünferreihen in Richtung Großmarkthalle. Der Zug war etwa 50 Meter lang. Es waren Familien mit Kindern, die ihre Köfferchen oder anderes Kleingepäck dabei hatten. An allen Seiten liefen bewaffnete Uniformierte.“

Frieda und Ruth Sitzmann, 2006

 

„Stunden und Stunden standen die Familien da drüben. Jeder hatte ein Pappdeckelschild umgehängt (wie ein Schandschild aus dem Mittelalter), das Gepäck in der Hand, den Rucksack auf dem Rücken. Szenen, die sich nie vergessen lassen werden. Den ganzen Tag über dauerte das Warten, Packen, Warten – bis sie dann alle gesammelt in den Keller der Markthalle kamen.“

Cläre von Mettenheim, 1941

 

 

Zugang über das östliche Gelände der EZB

 

„1100 Juden bekommen die Nachricht, dass sie sich zum Abtransport am 7. Mai bereithalten sollen; bis 65 Jahre. Leid und Jammer lassen sich nicht schildern. Reiseziel unbekannt, nur wenig Gepäck gestattet, genaue Liste ist auszufüllen über alles, was sie zurücklassen, organisierter Raubmord.“

Tilly Cahn, 1942

 

„Wir abwandern morgen nach Theresienstadt. Benachrichtige die anderen. Hoffen auf Wiedersehen.“

Arthur und Anna Strauss, 1943

 

„Die Leute, welche das mitnehmen durften, was sie auf dem Leib trugen, hatten doppelte Unterwäsche, Hemden und zwei, und wenn es anging drei Anzüge oder Kleider übereinander angezogen und Mäntel darüber. Und so saßen diese Gequälten in der Hochsommerhitze des August stundenlang auf den Stühlen, in Erwartung, dass man sie holen würde.“

August Adelsberger, 1950

 

„Am 11.11.1941 mussten wir uns in der Großmarkthalle in Frankfurt/Main einfinden. Wir durften nur Handgepäck mitbringen. In der Großmarkthalle versammelten sich ca. 1100 jüdische Männer, Frauen und Kinder.“

Siegfried Grünebaum, 1960

 

 

Im Keller der Großmarkthalle

 

Glasscheibe

„So in kleinen Gruppen, in Zügen und Trupps wurden den ganzen Tag die Leute zur Großmarkthalle gebracht. Das seltsame Gebäude, in weitem Kreise abgesperrt, lag da im dünnen Regen. An neugierigen Lungernden vorbei ging die trostlose Wanderung der mit ihren Bündeln, Rucksäcken, Koffern Beladenen. Man stellte sie am Rand des Platzes vor einen Schuppen, der an der Seite die große weiße Aufschrift trug SCHÜTZT DIE TIERE, das Gepäck wurde abgestellt und anscheinend nochmals durchsucht, wie in einer Zollstation unter freiem Himmel ehe es in das große Gebäude weiterging.“

Alfons Paquet, 1941

 

„Ich weiß nicht, was vor mir liegt, vielleicht ist das gut so.“

Ernst Ludwig Oswalt, 1942

 

„In der Großmarkthalle wurden die Leute nochmals visitiert (der Fachausdruck hieß

‚durchschleusen‘) und bei dieser Gelegenheit bekamen die Leute schon einen Teil ihrer wenigen Habseligkeiten, die sie mitnehmen wollten, abgenommen. In der Hauptsache Uhren, Füllfederhalter, Ringe und Bargeld.“

Leo Löwenfels, 1947

 

„Mittlerweile war es Abend geworden. Noch immer standen die Menschen zusammengepfercht wie das Vieh. Aber Tiere werden besser behandelt. Diese armen Menschen, bei denen die SA morgens um sieben Uhr eingedrungen war, hatten nicht einmal etwas zu essen oder zu trinken. Sie standen so dicht gedrängt in ihren durch dicke Seile abgetrennten Gevierten, dass immer nur einige von ihnen auf den Koffern sitzen konnten.“

Lili Hahn, 1941

 

„Es war die Hölle, die ganze Nacht Untersuchungen, Schreie und Schikanen ohne Ende.“

Berny Lane (Werner Levi), 1998

 

„Nach dem Bericht des Friedhofsverwalters Fiebermann, der aus irgendeinem Grund in die Großmarkthalle bestellt war und zurückkehrte, soll es dort in der Nacht schrecklich zugegangen sein mit Misshandlungen usw. Am anderen Tag erfolgte die Verladung. Die SA- Leute sagten, der Zug käme nach Litzmannstadt in ein sehr geordnetes, schönes Ghetto.“

Lina Katz, 1961

 

 

Gleisfeld

 

„Als ich morgens ins Büro kam, standen auf den Gleisen weiter draußen geschlossene Waggons, die von der Gestapo bewacht wurden. Das alles hat sich mehrmals wiederholt. Und nicht nur ich wusste, was da geschah, viele wussten es.“

Sekretärin an der Großmarkthalle, ohne Datum

 

„Auf Lastwagen stehend oder auf unserem Bündel hockend, wurden wir zu einem offenen Bahngeleise, nahe dem Osthafen, befördert. Lange, lange standen wir, bis endlich ein Zug kam, der uns aufnahm. Keine Klage war zu hören, da und dort ein stilles Weinen, oft mit einem Gebet auf den Lippen. Eltern, ihre Kinder, ihr Liebstes, zärtlich mit übermenschlicher Kraft streichelnd.“

Ferdinand Levi, 1955

 

„In 1942, I was deported. I was one of the last Jews leaving my city. We were first gathered in a big hall and then put on trains and sent to Berlin, where another 1.000 Jews were added to our transport, all in all 1.250 Jews. Ultimately, I am one of the final 25 survivors of this transport. After four days with hardly any food, we arrived in Estonia.”

Ilse Kahane, ohne Datum

 

„Ich wollte mitlaufen, aber ein SS-Mann ließ an einer Absperrung keinen Angehörigen durch. Bis zu mir konnte ich die lauten, schrillen Befehle hören, die ein uniformierter Mann brüllte.

‚Alles stehen bleiben. Mit dem Gesicht zum Zug. Immer 60 Personen in einen Wagen einsteigen‘.“

Lilo Günzler, 2009

 

„Meine Mutter hatte für uns das Notwendigste gepackt. Sie wollte freiwillig mit, aber sie durfte nicht. Als sich die Schiebetür geschlossen hatte, wurde sie noch einmal geöffnet. Ein Mann rief: ‚Hebt die beiden Mädchen hoch, ihre Mutter will sie noch einmal sehen!‘“

Edith Erbrich, geb. Bär, 2003

 

„Unterwegs und dort viele Todesfälle: vor Aufregung, Überanstrengung und natürlich ungezählte Selbstmorde jeder Art. Im Main wurden am nächsten Tag viele geländet.“

Cläre von Mettenheim, 1941

 

„Beim Einsteigen in den Zug heute in aller Frühe soll die SS sich wieder was geleistet haben an Rohheit, Misshandlungen. Die armen Menschen wurden am Tag vorher in der Großmarkthalle gesammelt.“

Tilly Cahn, 1942

 

„Jetzt, Dienstag 18. August, zwischen 5-6 Uhr p.m. fährt der Zug nach Theresienstadt wohl ab. Es ist mir furchtbar und lässt mich nicht los. Auch von der Siechenabteilung des Krankenhauses sind schwer Leidende mitgekommen.“

Tilly Cahn, 1942

 

 

Fußgängersteg

„Während der ganzen Fahrt wurden wir von einer johlenden Menge beschimpft und verhöhnt.

‚Schlagt sie doch tot, warum die teuren Kohlen für den Transportzug!‘ Immer wieder diese Zurufe, offenbar einstudiert.“

Ferdinand Levi, 1955

 

Ostseite Stellwerk

„In Frankfurt war das Gerücht der Erschießung eines ganzen Transportes bekannt geworden.“ Der Aufbau, Sommer 1942

 

 

 

 

<english><titel>Citations on the Memorial at the Großmarkhalle</titel>Path to the Wholesale Market Hall

 

“My dear children! I am extremely anxious, as I have already been notified that I have to leave Frankfurt the day after tomorrow. Unfortunately my wish to see you again could not be fulfilled. I definitely want to say goodbye to you and wish you everything good that a mother can wish for her children. I am so nervous that I can’t write anymore.”

Bertha Oppenheimer, 1941

 

“In the morning an SS man – a German official from the party – came to our apartment and we packed our things. We were told what to take and what not to take. Then we had to go to the Markthalle, which is a long way off from where we lived. It was in the afternoon later.”

Berthold Adler, 2005

 

“I accompanied the procession to the Wholesale Market Hall through the city and tried to use the streetcar, but I was thrown off because of my Jewish star. The procession went through the city in broad daylight. People were standing close together, lining both sides of the street and watching the procession in silence.”

Lina Katz, 1961

 

“Because the people were not allowed to ride the tram, they had to walk with their luggage to the Wholesale Market Hall. All the while running the gauntlet! And outside the month of May is in full bloom: chestnut trees, lilac, wisteria, and apple trees – this beauty only causes us agony.”

Tilly Cahn, 1942

 

“Jewish people with yellow stars on their chests walked under guard in rows of four or five in the direction of the Wholesale Market Hall. The procession was about 50 meters long. There were families with children carrying their small suitcases or other small pieces of luggage. Armed guards in uniforms patrolled on all sides.”

Frieda and Ruth Sitzmann, 2006

 

“The families stood over there for hours and hours. They all wore cardboard signs (like shame boards from the Middle Ages) and had luggage in their hands and knapsacks on their backs. Scenes that can never be forgotten. The waiting, packing, waiting lasted the entire day – until they were all assembled in the basement of the market hall.”

Cläre von Mettenheim, 1941

 

 

Access via the East Building of the European Central Bank

 

“1,100 Jews have been notified that they should be ready for the transport on May 7; up to sixty-five years old. Suffering and misery is indescribable. Travel destination unknown, only a little luggage is allowed. A precise list must be made of everything they leave behind. Organized robbery and murder.”

Tilly Cahn, 1942

 

“We relocate to Theresienstadt tomorrow. Inform the others. Hope to see you again.”

Arthur and Anna Strauss, 1943

 

“The people were allowed to take only what they were wearing. So they wore double underwear and shirts and two or, if possible, three suits or dresses over one another and coats over these. And then these tormented people sat for hours on the chairs in the midsummer August heat, waiting be picked up.”

August Adelsberger, 1950

 

“On 11/11/1941, we had to report to the Wholesale Market Hall in Frankfurt am Main. We were allowed to bring only hand luggage. About 1,100 Jewish men, women, and children assembled in the market hall.”

Siegfried Grünebaum, 1960

 

 

In the Basement of the Wholesale Market Hall

 

“In small groups, in processions and clusters, people were brought to the Wholesale Market Hall all day long. The peculiar building, extensively cordoned off, stood there in the light rain. Loaded down with bundles, knapsacks, and suitcases, the hapless travelers passed by curious onlookers. They were gathered at the edge of the square, in front of a shed that bore on one side the large white inscription PROTECT THE ANIMALS. Their luggage was put down and apparently searched again, like a customs station under the open sky, before they continued into the large building.”

Alfons Paquet, 1941

 

“I don’t know what lies before me. Maybe that’s good.”

Ernst Ludwig Oswalt, 1942

 

“In the Wholesale Market Hall people were searched once more (the technical term was ‘guided through’) and at this opportunity some of the few possessions they had wanted to bring with them were taken away. Primarily watches, fountain pens, rings, and cash.”

Leo Löwenfels, 1947

 

“Meanwhile it was evening. The Jews still stood crammed together like cattle, although animals are treated better. These poor people, whom the SA had rounded up at 7:00 am, had had nothing to eat or drink. They stood so thickly packed that only a few at a time could sit on their suitcases.”

Lili Hahn, 1941

 

“It was hell. Endless searches, screaming, and chicanery the entire night.”

Berny C. Lane, 1998

 

“According to the report by cemetery administrator Fiebermann, who had been ordered to the Wholesale Market Hall for some reason and returned, it was supposed to have been horrible there that night, with abuses, etc. The next day the train was loaded. The SA people said it was going to Litzmannstadt to a very orderly, beautiful ghetto.”

Lina Katz, 1961

 

 

Railroad Tracks

 

“When I came to the office in the morning, closed railroad cars guarded by the Gestapo were standing further out on the tracks. All of this occurred many times. And I was not the only one who knew what was happening there. Many people knew.”

A secretary at the Wholesale Market Hall, no date

 

“Standing on trucks or squatting on our bundles, we were taken to open railroad tracks near the East Harbor. We stood for a long, long time, until a train finally came to take us. There were no complaints, here and there silent crying, often with a prayer on one’s lips. Parents tenderly caressing their children, their most loved ones, with superhuman strength.”

Ferdinand Levi, 1955

 

“In 1942, I was deported. I was one of the last Jews leaving my city. We were first gathered in a big hall and then put on trains and sent to Berlin, where another 1,000 Jews were added to our transport, all in all 1,250 Jews. Ultimately, I am one of the final 25 survivors of this transport. After four days with hardly any food, we arrived in Estonia.”

Ilse Kahane, no date

 

“I wanted to walk with them, but at a barrier an SS man did not let any family members through. Even from a distance I could hear the loud, shrill orders that a uniformed man shouted. ‘Everyone remain standing. Facing the train. Always sixty people to a car.’”

Lilo Günzler, 2009

 

“My mother had packed the bare necessities for us. She wanted to come with us, but that was not allowed. After the sliding door had closed, it was opened one more time. A man called out, ‘Lift the two girls up again, their mother wants to see them one more time!’”

Edith Erbrich, née Bär, 2003

 

“In transit and there, many cases of death: from agitation, overexertion, and of course innumerable suicides of every kind. Many bodies were pulled from the Main River the next day.”

Cläre von Mettenheim, 1941

 

“While loading the train very early today, the SS reportedly engaged again in considerable brutality and abuse. The poor people had been assembled in the Wholesale Market Hall on the previous day.”

Tilly Cahn, 1942

 

“Now, Tuesday, August 18, between 5:00 and 6:00 pm, the train departs in all likelihood for Theresienstadt. I find it horrible and can’t get it out of my mind. Gravely ill, elderly people from the hospital are also here.”

Tilly Cahn, 1942

 

“During the entire journey we were insulted and mocked by a jeering crowd. ‘Beat them dead. Why waste the expensive coal on the transport train!’ This was shouted over and over again, evidently rehearsed.”

Ferdinand Levi, 1955

 

“In Frankfurt the rumor spread that an entire transport had been shot to death.”

Der Aufbau, 1942

 

</english>


erstellt am 01.01.2015
 

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