Seite ausdrucken  
 
 

 
 

Die Hausstandsbücher als Quelle für die Zwangsarbeit in Frankfurt

Das Hausstandsbuch für die Maybachstraße, S. 21

Vorderseite eines Hausstandsbuches

Übersicht der Eintragungen in einem Hausstandsbuch, ISG Hausstandsbücher 2095

Seite aus dem Hausstandsbuch für die Straße Am Ebelfeld.

Viele Quellen, die den Einsatz von Fremd- und Zwangsarbeitern in Frankfurt am Main belegen, sind durch den Bombenkrieg verbrannt, nach dem Krieg vernichtet worden oder verloren gegangen. Eine zwar eindeutige aber leider unvollständige Quelle für den Nachweis des Zwangsarbeitereinsatzes bilden die polizeilichen Meldeunterlagen, die in Gestalt der so genannten Hausstandsbücher überliefert sind. Der Beitrag zeigt die Bedeutung dieser Quelle auf.

 

Hausstandsbücher sind für die Erforschung des Einsatzes von Fremd- und Zwangsarbeitern die wichtigste Quelle. Diese Bücher wurden zwischen 1929 und 1945 in den Polizeirevieren geführt und listeten die Frankfurter Einwohner nach Straßen und Hausnummer geordnet auf. Rund 2.800 Hausstandsbücher sind im Institut für Stadtgeschichte vorhanden. Das ist nicht der komplette Umfang der früher vorhandenen Bücher. Ein Teil der Unterlagen ging im Bombenkrieg verloren. So fehlen uns die Meldeunterlagen ganzer Stadtteile wie zum Beispiel der Innenstadt, Sachsenhausen, Niederrad, Schwanheim, Griesheim und Höchst.

 

Die Abbildung zeigt das Hausstandsbuch „Maybachstraße 24 – Ende“. Dieses ist eines der wenigen ergiebigen Exemplare, das viele Eintragungen über ein Fremdarbeiterlager der Vereinigten Deutschen Metallwerke (VDM) in Heddernheim enthält. Die Seite zeigt Eintragungen von Belgiern und Polen, die in den Vereinigten Deutschen Metallwerken in Heddernheim eingesetzt waren. Die Eintragungen auf dieser Seite sind noch einigermaßen gut les- und nachvollziehbar. Bemerkenswert an den Eintragungen ist einmal die erkennbar relativ kurze Verweildauer in diesem Lager. Das weist auf eine starke Fluktuation zwischen den Lagern und auch Betrieben hin. Andererseits deuten die Eintragungen zur Abmeldung „nach unbekannt“ darauf hin, dass eine lückenlose Erfassung und Kontrolle der ausländischen Arbeiter nicht erreicht werden konnte.

 

Die großen Buchstaben „B“ und „P“ am rechten Rand sind Zählvermerke der „Ausländersuchaktion“, die auf Beschluss des Alliierten Kontrallrats 1946 eingeleitet wurde. Die Suchaktion sollte das Schicksal mehrerer Millionen verschleppter Zivilisten und Kriegsgefangener klären. Zur Suche nach Zivilarbeitern wurden die deutschen Zivilbehörden mit herangezogen. Die Ergebnisse der „Ausländersuchaktion“ waren sehr dürftig. Das lag einmal an der dilettantischen Vorbereitung der Aktion durch die Alliierten und zum anderen am mangelnden Interesse und Engagement der beteiligten deutschen Behörden. Die überlieferten Meldungen der Frankfurter Polizeireviere an die alliierten Behörden deuten auf die begrenzten Kompetenzen hin, über die die Schutzpolizei im Dritten Reich verfügte. Deutlich wird aber auch das Ausmaß der zerstörten und verbrannten Unterlagen in den Revieren.

 

Die Recherche nach den in 2.800 überlieferten Hausstandsbüchern verzeichneten Ausländer ist nicht einfach. Die Bücher sind so aufgebaut, dass auf den ersten unnummerierten Seiten hausweise eine Übersicht den eigentlichen Eintragungen vorangestellt ist. Bei einem stark belegten Haus, wurden Abschnitte angeklebt, was auf dem Bild auf der linken Seite erkennbar ist. Auf diesen Seiten lässt sich noch nicht erkennen, ob Ausländer eingetragen sind. Viele Deutsche haben Namen polnischen oder französischen Ursprungs, was die Suche erschwert.

 

Nur selten vermitteln die Hausstandsbücher so deutlich das Schicksal der Menschen. Die Eintragung über den belgischen Arbeiter dokumentiert nochmals den relativ kurzen Aufenthalt vor allem von so genannten „Westarbeitern“ und die damit verbundene Fluktuation unter den ausländischen Arbeitskräften. „Durch Feindeinwirkung gefallen“, das heißt bei einem Bombenangriff getötet wurde der französische Fremdarbeiter aus Paris. Die letzte Eintragung auf dieser Seite wurde unmittelbar nach dem offiziellen Kriegsende vorgenommen. Sie deutet auf die sicher nicht immer freiwillige „Mobilität“ der Deutschen in dieser Zeit hin.

Viele Quellen, die den Einsatz von Fremd- und Zwangsarbeitern in Frankfurt am Main belegen, sind durch den Bombenkrieg verbrannt, nach dem Krieg vernichtet worden oder verloren gegangen. Eine zwar eindeutige aber leider unvollständige Quelle für den Nachweis des Zwangsarbeitereinsatzes bilden die polizeilichen Meldeunterlagen, die in Gestalt der so genannten Hausstandsbücher überliefert sind. Der Beitrag zeigt die Bedeutung dieser Quelle auf.



Autor/in: Lutz Becht
erstellt am 01.01.2003
 

Verwandte Beiträge

Zwangsarbeit in Frankfurt am Main


„Die ganze Stadt war ein Zwangsarbeiterlager“ – Zwangsarbeit in Frankfurt am [...]

Verwandte Begriffe

Ausländersuchaktion


Fremdarbeiter


Zwangsarbeit



 
 
  Betreiber
Stadt Frankfurt am Main Institut für Stadtgeschichte
Münzgasse 9
60311 Frankfurt am Main
im Auftrag des Dezernats für Kultur und Freizeit