Repressalien der Nationalsozialisten gegenüber katholischen Persönlichkeiten und Einrichtungen.
Bis zur Machtergreifung Hitlers im Januar 1933 wurde die nationalsozialistische Bewegung wegen ihrer „neuheidnischen“ Weltanschauung von der katholischen Kirche schroff abgelehnt; die Mitarbeit in der Partei war Katholiken verboten. Als die Nazis von der „Bewegung der Straße“ zur offiziellen Obrigkeit geworden waren, suchte man mit unterschiedlichem Erfolg eine Gratwanderung zwischen Arrangement und Widerstand mit dem Ziel der Selbstbehauptung und Sicherung des kirchlichen Lebens. Im Frankfurter Katholizismus waren wichtige meinungsbildende Kräfte eher auf dem linken Flügel angesiedelt. So hatte die von Friedrich Dessauer herausgegebene „Rhein-Mainische Volkszeitung“ die Nazis publizistisch scharf bekämpft; im Juli 1933 wurden Herausgeber und die Redakteure (u. a. Walter Dirks) zeitweilig verhaftet und verloren ihren Arbeitsplatz bei der Zeitung. Vorher noch konnte in der „Rhein-Mainischen Volkszeitung“ am 4. April 1933 einer der seltenen kritischen Kommentare gegen den ersten Boykott jüdischer Geschäfte erscheinen, verfasst vom Pfarrer von St. Bernhardus, Alois Eckert.
Eckert sammelte Pfarrer um sich, die kirchenintern eine härtere Haltung der Bischöfe gegenüber den NS-Machthabern anmahnten. Er selbst wurde 1936 zu drei Monaten Gefängnis verurteilt, weil er die Beflaggung seiner Kirche mit der Hakenkreuzfahne (aus Anlass des Gedenkens an den Marsch auf die Feldherrenhalle) verweigert hatte. Eckerts standhafte Haltung machte Eindruck, nicht zuletzt bei jungen Katholiken. Wie auch andere katholische Jugendgruppen wurde die Gruppe des „Katholischen Jungmännerverbandes“ in St. Bernhardus von den Nazis bespitzelt und schließlich 1937 – im Zuge des reichweiten Verbots aller Katholischen Jugendverbände – zerschlagen; der Leiter, der Kunststudent Bernhard Becker, kam unter ungeklärten Umständen in der Haft zu Tode.
Ein Dorn im Auge war den Nazis auch die Jesuitenhochschule St. Georgen. Mehrere Studenten wurden verhaftet, zwei davon sowie der Spiritual Pater Dehne ohne Gerichtsverfahren ins KZ Dachau gebracht (ebenso wie Pfarrer Lenferding aus Frankfurt-Schwanheim). Für kurze Zeit war auch der später wegen der Mitarbeit im Kreisauer Kreis hingerichtete Pater Alfred Delp in St. Georgen; 1937 wurde er im Frankfurter Dom zum Subdiakon geweiht.
Insbesondere die Jugend- und Verbandsarbeit der Kirche litt in Frankfurt – wie auch anderswo – unter den Schikanen der Nazis und wurde – trotz Reichskonkordat – schließlich fast vollständig zum Erliegen gebracht. Anders als kirchliche Aktivitäten in der Öffentlichkeit blieb der Sakralbereich (Gottesdienste, Sakramente) weitgehend unangetastet. Aktiven Widerstand leistete unter Katholiken wie auch sonst in der Gesellschaft nur eine Minderheit; aber auch aktive Unterstützung der Nazis war selten. Dominierend war das Bemühen um Selbstbehauptung zwischen Anpassung und Konfrontation.
Literatur::
Klaus Schatz SJ, Geschichte des Bistums Limburg, Mainz 1983, insbesondere S. 256 - 292.
Alois Eckert, 1932 - 1942. Erinnerungen, in: Jahrbuch des Bistums Limburg 1964 (S. 32 - 41).
Bruno Lowitsch, Der Kreis um die Rhein-Mainische Volkszeitung, Wiesbaden-Frankfurt 1980.
Heinz Blankenberg, Politischer Katholizismus in Frankfurt 1918-1933, Mainz 1981. Historisches Museum, Jugend im nationalsozialistischen Frankfurt. Ausstellungsdokumente, Zeitzeugenerinnerungen, Publikum. Frankfurt 1987.
Helmut Mann, Bernhard Becker. Katholischer Jugendführer und Opfer des Gestapo-Terrors, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 49/1977, S. 259-291.
Oswald Stein, Abgebaut. Eine Familie erlebt das Dritte Reich. Frankfurt 1992.
Repressalien der Nationalsozialisten gegenüber katholischen Persönlichkeiten und Einrichtungen.