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Auslagerung von städtischen Werten, insbesondere Kulturgut

Erhaltengebliebene Kiste für Auslagerungsgut aus dem Stadtarchiv Frankfurt am Main

Der Bombenkrieg führte ab 1942 zu Schutzmaßnahmen für Kulturgut und sonstige Werte. In Frankfurt begannen unter der Federführung des Rechnungsprüfungsamtes ab Herbst 1943 Auslagerungen an sichere Orte innerhalb und außerhalb der Stadt, die einen erheblichen Teil des städtischen Kulturgutes retteten. Leider wurde nicht an allen Stellen rechtzeitig ausgelagert, so dass es zu schweren Verlusten beim Archiv- und Bibliotheksgut kam.

 

Schon zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde aus den besonders gefährdeten Westgebieten Kulturgut vor möglichen Bombenangriffen in Sicherheit gebracht. Im Laufe der Zeit wurden jedoch nicht nur kulturelle, sondern auch andere wichtige Unterlagen und sonstige Werte in weit im Hinterland gelegene Ausweichquartiere gebracht, wobei ausgebeutete Bergwerke und große Schlösser eine gewisse Rolle gespielt haben. Wichtige Unterlagen wurden auch sicherungsverfilmt und diese Filme in einen Felsenkeller im Bieberer Berg in Offenbach und im Schloss Mitwitz in Oberfranken ausgelagert.

 

Die Frankfurter Standesämter brachten im Herbst 1943 alle Kirchenbücher von 1533 bis 1851 und die Zivilstandsregister von 1851 bis 1875 in das Salzbergwerk Kochendorf bei Heilbronn und die Heiratsbelege nach Altenstadt in der Wetterau. Von den jüngeren Registern wurden die Zweitschriften ins Usinger Amtsgericht evakuiert, während die Erstschriften am 22. März 1944 weitgehend verbrannten. Ihre Auslagerung ins Rödelheimer Schloss war bereits vorbereitet, doch dort hätte sie vermutlich dasselbe Schicksal ereilt, denn das Schloss wurde ebenfalls im Bombenkrieg zerstört.
Ab Mai 1942 begannen Schutzmaßnahmen für Archivgut, die vom Generaldirektor der preußischen Staatsarchive und dem Direktor des Reichsarchivs in Potsdam, Ernst Zipfel, koordiniert wurden. In Frankfurt lag die zentrale Federführung für die Sicherung von städtischen Werten in der Hand des städtischen Rechnungsprüfungsamtes (heute Revisionsamt), dem alle ausgelagerten Güter zu melden waren. Zu Beginn des Jahres 1943 begann die genaue Erfassung der ausgelagerten Güter, über die am 1. Februar 1944 eine umfangreiche und später laufend ergänzte bzw. veränderte Gesamtliste vorlag, aus der hier einige Beispiele genannt werden sollten. Einzelne vorbereitende Listen nennen selbst die Transporte und deren Inhalte, so dass wir heute noch ziemlich genau wissen, was in welcher Zeit an welchem Auslagerungsort war.

 

Wichtige Akten und Protokolle des Hauptverwaltungsamtes befanden sich in der Kronberger Burg und in Kellern an der Braubachstraße, besonders wertvolle Bestände der Stadtbibliothek überwiegend in einer Wehrmachtsbunkeranlage in Ziegenberg bei Bad Nauheim, in den Schlössern in Büdingen und Wächtersbach und im Schloss Mitwitz, während das Stadtarchiv vieles noch im Gebäude am Weckmarkt zurückhielt und dort 1944 verlor, ansonsten zunächst nur Keller im Stadtgesundheitsamt in der Braubachstasse, der Bethmannbank, im Arbeitsamt an der Junghofstraße und der Kronberger Burg nutzte, später wurden aber auch weiter entfernte Auslagerungsorte einbezogen.

 

Die Museen hatten ihr Gut auf Schlösser und andere Ausweichquartiere in der Wetterau, im Vogelsberg, in Franken und Bayern verteilt, aber auch wie im Fall der Städtischen Galerie und des Liebieghauses auf Banktresore in der Stadt. Der größte Teil des städtischen Museumsgutes hat auf diese Weise den Zweiten Weltkrieg überstanden, während das Stadtarchiv, dessen Direktor Harry Gerber Zipfels Anregungen zu einer möglichst frühzeitigen Sicherung des Archivgutes zunächst nicht folgte, erst zu spät mit den Auslagerungen begann und erhebliche Teile seiner Altbestände verlor. Die Goldene Bulle überstand den Zweiten Weltkrieg in einem Sparkassentresor in Neustadt in Oberfranken. Schwerste Verluste hatte auch die Stadtbibliothek zu beklagen. In einer Denkschrift vom 11. Mai 1944 ist die Rede von 600.000 verlorenen Bänden und 400.000 Dissertationen. Das Schloss Meerholz bei Gelnhausen beherbergte den Kostümfundus der Städtischen Bühnen, darunter allein 53 Mephisto-Kostüme. Aber auch Schulmöbel (darunter sogar unbrauchbare) des Schulamtes sowie Kleidung und Decken wurden inner- und außerhalb des Stadtgebietes in Sicherheit gebracht, ebenso wichtige Vermessungsunterlagen und Pläne wie die der Stadtentwässerung. Das Goldene Buch und die Amtsketten von Oberbürgermeister und Bürgermeister wurden in der Stahlkammer der Stadthauptkasse untergebracht und der größte Teil des Ratssilbers in der Stahlkammer der Bethmannbank. Die Wertpapiere des Rechneiamtes, also der Finanzverwaltung, wurden nach Oberfranken ausgelagert.

 

Nach Kriegsende begann die allmähliche Rückführung der Bestände, deren ursprüngliche Lagerungsorte vielfach zerstört waren und die daher zunächst vielfach provisorisch untergebracht werden mussten. Teil der Rückführung waren in den jeweiligen Auslagerungsorten angefertigte Listen als heute noch verfügbare wichtige Quellen.

 

Literatur und Quellen:

ISG, Magistratsakten, 5.846 (Standesämter)

ISG, Revisionsamt, 2 (Sicherungsverfilmung), 40, 41, 48, 60, 76, 88, 97

ISG, Altakten des Stadtarchivs, 7, 21-22, 47

ISG, Museum für Kunsthandwerk, 54-57, 61, 64-65, 69

ISG, Museum für Völkerkunde, 7, 43, 51

ISG, Museum für Vor- und Frühgeschichte, 2, 82

Christhard Schrenk, Schatzkammer Salzbergwerk. Kulturgüter überdauern in Heilbronn und Kochendorf den Zweiten Weltkrieg, Heilbronn 1997

Der Bombenkrieg führte ab 1942 zu Schutzmaßnahmen für Kulturgut und sonstige Werte. In Frankfurt begannen unter der Federführung des Rechnungsprüfungsamtes ab Herbst 1943 Auslagerungen an sichere Orte innerhalb und außerhalb der Stadt, die einen erheblichen Teil des städtischen Kulturgutes retteten. Leider wurde nicht an allen Stellen rechtzeitig ausgelagert, so dass es zu schweren Verlusten beim Archiv- und Bibliotheksgut kam.



Autor/in: Konrad Schneider
erstellt am 01.01.2005
 

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